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Online-Casino verklagen: Zahlt der Rechtsschutz?

Online-Casinos: Leider übernimmt die Rechtsschutzversicherung die Prozesskosten i.d.R. nicht.
30. Mai 2022

Zusammenfassung

  • Online-Glückspiel war und ist (meist) illegal.
  • Viele Spieler können daher ihr Online-Casino verklagen und Schadensersatz fordern.
  • Leider zahlt die Rechtsschutzversicherung bei Glücksspiel i.d.R. nicht.
  • Gute Alternativen stellen Prozessfinanzierung und Prozesskostenhilfe dar.

Etliche Bundesbürger haben eine Menge Geld in Online-Casinos verloren. Was viele nicht wissen: Bis zum 30.6.2021 war Glücksspiel im Internet in Deutschland in der Regel illegal und auch danach halten sich die wenigsten Anbieter an die deutschen Gesetze. Betroffene haben daher meist das Recht, von den Online-Casinos Geld zurückzuholen. Es gibt auch schon etliche Urteile zu illegalem Online-Glücksspiel, die das bestätigen. In manchen Fällen kommt auch eine Klage gegen Zahlungsdienstleister wie Klarna oder Paypal wegen illegaler Online-Casinos infrage, denn immerhin haben diese an den unrechtmäßigen Geschäften mitverdient. Das Problem dabei: Gerade diejenigen, die am meisten Geld zurückfordern könnten, haben oft kein Geld mehr, um einen Anwalt zu bezahlen. Daher wäre es gut, wenn die Rechtsschutzversicherung die Klage gegen das Online-Casino abdecken würde oder es eine andere Finanzierungsmöglichkeit gäbe. RECHTECHECK erklärt in diesem Beitrag:

Zahlt die Rechtsschutzversicherung Klagen gegen Online-Casinos?

Leider gibt es i.d.R. für eine Klage gegen ein Online-Casino keinen Rechtsschutz. Zumindest die „Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung“, die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. GDV seinen Mitgliedern als Muster zur Verfügung stellt, schließt dies aus. Die inhaltlichen Ausschlüsse umfassen dort unter Punkt 3.2.9 auch „Streitigkeiten in ursächlichem Zusammenhang mit […] Spiel- oder Wettverträgen“. Die einzelnen Versicherer können zwar von diesem Muster abweichen, der RECHTECHECK-Redaktion ist aber keine Rechtsschutzversicherung bekannt, die Online-Glücksspiel abdecken würde. Glücklicherweise gibt es Alternativen:

Online-Casino verklagen: Prozessfinanzierung

Inzwischen gibt es erste Anbieter, die für Klagen gegen illegale Online-Casinos eine Prozessfinanzierung anbieten. Das Prinzip dabei: Der Prozessfinanzierer übernimmt alle Kosten des Verfahrens, also Anwalts- und Gerichtskosten, bei Bedarf Kosten für Gutachter oder Zeugen und bei einer Niederlage die Anwaltskosten des Glücksspielanbieters. Damit hat der Spieler kein Risiko, selbst wenn der Prozess verloren geht.

Im Gegenzug erhält der Prozessfinanzierer bei einem Sieg vor Gericht nicht nur die Prozesskosten zurück, sondern bekommt auch einen Anteil am erstrittenen Schadensersatz. Dieser Anteil hängt vom Anbieter und teilweise auch vom Fall ab, darf aber 50% nicht übersteigen. Meist liegt er deutlich darunter.

Ein anderes Geschäftsmodell bietet RightNowAnzeige an: Der Anbieter prüft zunächst kostenlos die Ansprüche des Spielers. Besteht ausreichend Aussicht auf Erfolg, kauft RightNow ihm seine Forderung ab. Der Kunde hat so kein Risiko und bekommt sein Geld kurzfristig, ohne auf den Ausgang des Prozesses warten zu müssen. Da RightNow das Prozessrisiko und die Kosten übernimmt und die Auszahlung an den Kunden vorfinanziert, fällt der Kaufpreis niedriger aus als die Forderung.

Online-Casino verklagen: Prozesskostenhilfe

Gerade Spielsüchtige sind oft hoch verschuldet. Wer bedürftig ist und sich deshalb eine Klage nicht leisten kann, hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Urteile der Oberlandesgerichte Braunschweig und Hamm bestätigen, dass das auch für Klagen gilt, bei denen Spieler von Online-Casinos Geld zurückfordern.

Je nach Lebenssituation des Klägers kann die Prozesskostenhilfe als Zuschuss oder als Darlehen gewährt werden. Verbessert sich die finanzielle Situation, kann der Staat die Prozesskostenhilfe bis zu 4 Jahre lang zurückfordern. Bei einer Niederlage übernimmt die staatliche Prozesskostenhilfe nicht die Anwaltskosten des Online-Casinos.

Online-Casino verklagen: Selbsthilfe

Obwohl es noch kein BGH-Urteil zu Schadensersatz von Online-Casinos gibt, scheint die Rechtslage bereits relativ klar zu sein. Dennoch empfiehlt es sich nicht, ohne einen Anwalt gegen den Glücksspielanbieter vorzugehen. Zum einen ist die Rechtslage durchaus komplex und nicht-Juristen können hier leicht falsch argumentieren. Zum anderen haben die meisten Online-Casinos ihren Sitz im Ausland und verschleiern auch gerne ihre Konzernstrukturen. Mit einem versierten Anwalt stellt man sicher, dass man auch gegen das richtige Unternehmen vorgeht, Schreiben sowie Klagen ordnungsgemäß (im Ausland) zustellt und die Forderung anschließend auch effektiv eintreibt. Die wenigsten Verbraucher dürften sich beispielsweise mit maltesischen Vollstreckungsverfahren auskennen.

Drei Dinge können Spieler aber bereits tun, bevor sie sich an einen Anwalt wenden (in dieser Reihenfolge):

  1. Mit dem Spielen aufhören. Immerhin wissen Sie jetzt, dass Online-Casinos illegal sind.
  2. Beweise und Unterlagen sichern und einen Überblick gewinnen: Sichern Sie einen Auszug aus Ihren Spielerkonten (ggf. von mehreren Anbietern) und verschaffen Sie sich einen Überblick über die Zahlungen.
  3. Optional: Fordern Sie schon einmal selbst Ihre Verluste vom Glücksspiel-Anbieter zurück. Damit setzen Sie das Online-Casino in „Verzug“, was im Prozess kleine Vorteile für Sie haben kann. Sie können dafür beispielsweise unsere kostenlose Vorlage: „Geld zurück vom Online-Casino“ nutzen. Wichtig: Wenn der Glücksspiel-Anbieter ablehnt oder nur einen Vergleich über einen kleinen Teilbetrag anbietet: Lassen Sie sich nicht mit weniger abspeisen als Ihnen zusteht.

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Autor

Robert hat als Diplomkaufmann und Wirtschaftsingenieur nicht nur die besten Voraussetzungen dafür, den reibungslosen Ablauf der Webseite sicherzustellen, sondern auch den perfekten Background, um vor allem komplexe Wirtschafts-Themen nutzerfreundlich und nachvollziehbar aufzubereiten. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Abgasskandal, Geldanlage, Kreditrecht, Flugrecht und Versicherung. Nach seinem Ausscheiden bei RECHTECHECK wechselte Robert zur Nürnberger Werbeagentur BESONDERS SEIN.

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