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Verfahrenskostenhilfe: Die Prozesskostenhilfe bei Scheidungen

Wenn die Scheidung zu teuer wird: Die wichtigsten Infos zur Prozesskostenhilfe

Bild: freepik
30. Juni 2020

Das Wichtigste in Kürze:

  • Prozesskostenhilfe (bei Scheidungen auch Verfahrenskostenhilfe genannt) beinhaltet die Übernahme der Gerichtskosten des Antragstellers sowie ggf. die Anwaltsgebühr durch den Staat. Je nach Möglichkeiten des Antragstellers müssen die übernommenen Kosten in Raten zurückgezahlt werden.

  • Für eine Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe muss der Antragsteller bedürftig sein und die Scheidungsbemühungen Aussicht auf Erfolg haben.

  • Wer Verfahrenskostenhilfe beantragen will, muss mit einer Verlängerung der Verfahrensdauer von bis zu drei Monaten rechnen. Dies ist zum einen dem Ausfüllen des komplexen Antrags geschuldet, zum anderen der Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen durch die Gerichte.

Was ist Prozesskostenhilfe?

Eine Scheidung verursacht Kosten – vom Anwalt, der auch bei einvernehmlichen Scheidungen beauftragt und bezahlt werden muss, bis hin zu den Gerichtsgebühren. Die meisten Rechtsschutzversicherungen übernehmen bei Scheidung lediglich die Kosten für eine Erstberatung durch einen Anwalt. Doch unter bestimmten Umständen können Paare eine staatliche Unterstützung zur Begleichung der Scheidungskosten beantragen, die früher Prozesskostenhilfe genannt wurde und heute Verfahrenskostenhilfe heißt.

Wer Prozesskostenhilfe erhält, muss keine Gerichtskosten bezahlen. Bei keinem oder nur sehr geringem Einkommen übernimmt der Staat auch die Kosten für die anwaltliche Vertretung – gegebenenfalls müssen diese in Raten an den Staat zurückgezahlt werden.

Gut zu wissen:

Da Scheidungen seit der Einführung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) als Familiensache ein Verfahren und keinen Prozess mehr darstellen, wird die Prozesskostenhilfe mittlerweile Verfahrenskostenhilfe genannt. Umgangssprachlich wird auch der Begriff Gerichtskostenhilfe verwendet, das ist aber irreführend, weil auch Anwaltskosten bezahlt werden.

Als staatliche Leistung war die Prozesskostenhilfe früher übrigens als „Armenrecht“ bekannt. So sollte sichergestellt werden, dass auch Menschen mit geringem Einkommen bei Vorliegen einer hinreichenden Erfolgsaussicht einen Zivilprozess führen können.

Wer hat bei der Scheidung Anspruch auf Prozesskostenhilfe?

Wer auf Grund eines geringen bzw. fehlenden Einkommens oder hoher Schulden nicht in der Lage ist, Gerichts- und Anwaltskosten zu tragen, kann einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe stellen. Sozialhilfe- oder Hartz-IV-Empfänger müssen im Normalfall gar nichts bezahlen: Das Scheidungsverfahren ist nach Bewilligung des Antrags kostenlos, für die außergerichtliche Beratung kann Beratungshilfe in Anspruch genommen werden.

Zur Bewilligung des Antrags auf Verfahrenskostenhilfe bei einer Scheidung müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein (diese sind gesetzlich in der Zivilprozessordnung geregelt):

1. Bedürftigkeit

Nicht nur Menschen mit geringem Einkommen können Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben. Auch gut Verdienende können einen Antrag stellen, wenn sie mit hohen Verbindlichkeiten wie der Ratentilgung einer selbst bewohnten Eigentumswohnung belastet und deshalb nicht liquide sind. Als Berechnungsgrundlage dient deshalb nicht das Nettoeinkommen unterhalb einer bestimmten Einkommensgrenze, sondern das anrechnungsfähige Einkommen: Dabei werden u.a. Miete, Nebenkosten und besondere Belastungen abgezogen, auch unterschiedliche Freibeträge können geltend gemacht werden. Diese werden jährlich neu festgelegt und vom Bundesministerium für Justiz in seiner Prozesskostenhilfebekanntmachung veröffentlicht. Bestimmte staatliche Leistungen wie Wohn- und Kindergeld werden zum anrechnungsfähigen Einkommen hinzugerechnet. Hartz-IV-Leistungen fallen nicht darunter, so dass deren Empfänger in aller Regel auch Verfahrenskostenhilfe erhalten.

Auch das Thema Unterhalt ist wichtig für die Ermittlung der Bedürftigkeit. Verfügt ein Ehepartner über ein bedeutend höheres Einkommen, bestehen Unterhaltsansprüche an ihn, die die Einkommenshöhe beeinflussen. Der Antragsteller verpflichtet sich, Unterhaltsansprüche geltend zu machen, bevor staatliche Leistungen in Anspruch genommen werden. Wird die Zahlung des Unterhalts zwar geltend gemacht, aber verweigert, können staatliche Leistungen bewilligt werden – in diesem Fall wird der Unterhaltsanspruch nicht in die Bemessung aufgenommen.

Durch den Anspruch auf Prozesskostenvorschuss ist es möglich, die Kosten für einen Rechtsstreit von einem nahen Angehörigen, bei einer Scheidung vom Ehepartner zu verlangen. Die Verfahrenskostenhilfe bei einer Scheidung wird einem Antragsteller in der Regel nur dann gewährt, wenn nachweisbar ist, dass der Ehepartner die entstehenden Kosten nicht im Rahmen eines Prozesskostenvorschusses bzw. Verfahrenskostenvorschusses übernehmen kann. Kann dieser die Kosten aus seinem laufenden Einkommen bestreiten, besteht eine vorrangige Verpflichtung zur Kostenübernahme. Doch Achtung: Der Prozesskostenvorschuss darf nicht mit dem Unterhaltsanspruch gleichgesetzt werden: Der Zuschuss kann auch dann beansprucht werden, wenn kein Unterhaltsanspruch besteht.

Nicht zuletzt bestimmt das verwertbare Vermögen die Bedürftigkeit: Sofern entsprechendes Vermögen vorhanden sind, muss dieses zunächst verwertet werden, um aus dem Erlös die Verfahrenskosten zu bezahlen. Dies betrifft etwa Lebensversicherungen und vermietete Immobilien. Andere Vermögenswerte sind von der Verwertbarkeit ausgenommen, so z.B. selbstbewohnte Immobilien, Geldvermögen bis zu 2.000 Euro sowie Vermögen, das der Berufsausübung oder einer angemessenen zusätzlichen Altersvorsorge dient.

Diese 4 Faktoren bestimmen die Bedürftigkeit für Prozesskostenhilfe:

  • Einkommen
  • Unterhalt
  • Prozesskostenvorschuss
  • Vermögen

2. Aussicht auf Erfolg

Ob Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird, ist keine Ermessenssache. Die Voraussetzungen der Bewilligung sind gesetzlich in §§ 114 ff. ZPO geregelt:

„Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil und nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.“

Was beinhaltet diese “hinreichende Aussicht auf Erfolg“? Insbesondere muss das gesetzlich bestimmte Trennungsjahr strikt beachtet und eingehalten worden sein. Vor dessen Ablauf ist weder eine Scheidung noch die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe rechtlich möglich. Ausgenommen sind die sogenannten Härtefälle, nach denen die Fortsetzung der Ehe für einen Ehegatten eine unzumutbare Härte darstellt, dies ist etwa bei fortlaufender, schwerer Misshandlung der Fall.

Wie hoch ist die Prozesskostenhilfe und wie steht es um die Rückzahlung?

Die Verfahrenskostenhilfe bei einer Scheidung umfasst den vom Antragsteller zu tragenden Anteil der Gerichtsgebühren sowie die Kosten des eigenen Rechtsanwalts. Wie hoch die finanzielle Unterstützung ausfällt, hängt von der Bedürftigkeit des Antragstellers ab. Können beide Ehepartner Verfahrenskostenhilfe beantragen, fallen für beide bei der Scheidung keine Kosten an.

Gut zu wissen bei einvernehmlichen Scheidungen:

Wenn derjenige Ehegatte, der die Verfahrenskostenhilfe erhält, den Rechtsanwalt beauftragt und der Ehepartner auf einen eigenen Anwalt verzichtet, kommen bei einer Zustimmung zur Scheidung nur die halben Gerichtskosten auf ihn zu.

Grundsätzlich wird dabei zwischen einer vollständigen Kostenübernahme durch den Staat und der monatlichen Rückzahlung in Raten unterschieden. Letztere kann sich in Form eines zinsfreien Darlehens über höchstens 48 Monate erstrecken, die Höhe der Ratenzahlungen ist dabei gesetzlich festgelegt. Eine vollständige Kostenübernahme wird im Allgemeinen dann gewährt, wenn das ermittelte einsetzbare Einkommen weniger als 15 Euro monatlich beträgt. Auch eine Einmalzahlung kann auferlegt werden.

Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenskostenhilfe beantragen: Nicht nur die aktuelle finanzielle Situation zählt

Wenn sich während des Scheidungsverfahrens oder auch in den folgenden vier Jahren die Vermögenslage des Antragsstellers verändert, kann die Ratenhöhe der Rückzahlungen angehoben oder verringert werden – oder sogar gänzlich wegfallen. Der Antragsteller ist dazu verpflichtet, Änderungen seiner wirtschaftlichen Situation dem Gericht unaufgefordert mitzuteilen.

Formular: Wie und wo kann Prozesskostenhilfe beantragt werden?

Um Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenskostenhilfe zu beantragen, muss ein offizielles Antragsformular und eine Erklärung „über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Verfahrenskostenhilfe in Familiensachen“ ausgefüllt werden. Der komplette Antrag mit entsprechenden Belegen sollte vor oder mit dem Scheidungsantrag beim Familiengericht eingereicht werden.

Die entsprechenden Anträge sind auf dem Justizportal des Bundes und der Länder erreichbar und können auch online mit einem praktischen Ausfüll-Assistenten bearbeitet werden. Anzugeben sind unter anderem sämtliche Daten zu Unterhaltsansprüchen, Einnahmen, Abzügen und Vermögen.

Auch der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung wird abgefragt, die in vielen Zivilrechtsstreitigkeiten Kosten übernimmt. Dann erlischt der Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Hier lohnt sich das Lesen des Kleingedruckten: Einige Versicherungsgesellschaften bieten zwar Verträge an, die auch bei Scheidung Rechtsschutz bieten. Im Allgemeinen werden die Gebühren für Scheidungen jedoch nicht von Rechtsschutzversicherungen übernommen.

Welche Risiken und Nachteile hat die Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenskostenhilfe?

Wer Verfahrenskostenhilfe bei seiner Scheidung in Anspruch nehmen will, braucht Zeit. Zeit, die zum einen der Antragssteller in das Ausfüllen und Einreichen des Antrags investieren muss: Der bürokratische Aufwand ist hoch, sämtliche Informationen beider Parteien sind mit zahlreichen Nachweisen von Steuererklärungen und Amtsbescheiden bis hin zu Verdienstnachweisen zu belegen.

Zeit benötigt allerdings auch die Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen: Zwar sind die Gerichte hier mal schneller, mal langsamer, im Durchschnitt ist allerdings mit einer Verlängerung der Verfahrensdauer von bis zu drei Monaten zu rechnen.

Ist der Antrag einmal eingereicht und wird abgelehnt, fallen die Gerichts- und Anwaltskosten natürlich dennoch an und werden dem Antragsteller in Rechnung gestellt. Hier empfiehlt es sich, vorab anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen, die die Chancen auf Bewilligung einschätzen. Im Zweifel kann der Scheidungsantrag auch von der Bewilligung des Antrags auf Prozesskostenhilfe abhängig gemacht werden. Vielleicht übernimmt auch in der Zwischenzeit der Ehepartner das Stellen des Scheidungsantrags und die entstehenden Verfahrenskosten.

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