In einem Urteil vom 29. Juli 2021 (VI ZR 1118/20) schaffte der Bundesgerichtshof (BGH) mehr Klarheit für das neue Instrument der Musterfeststellungsklage: Geklagt hatte der Besitzer eines VW mit EA 189-Motor. Dieser Motortyp hat den VW-Dieselskandal ausgelöst, allerdings dürften die Ansprüche der betroffenen Fahrer meist schon seit Anfang 2019 verjährt sein. Grundsätzlich hemmt die Anmeldung zu einer Musterfeststellungsklage diese Verjährung. Die BGH-Richter mussten aber über einen Sonderfall entscheiden:
Die VW-Musterfeststellungsklage war von Verbraucherzentrale und ADAC bereits 2018 eingereicht worden, also bevor die ersten Verjährungen im Abgasskandal eintraten. Der Kläger hatte sich der Musterfeststellungsklage aber erst 2019 angeschlossen und sich kurz darauf wieder aus dem Klageregister ausgetragen, um selbst seinen Schadensersatz durchzusetzen. Die Anwälte von Volkswagen gingen davon aus, dass dieses Vorgehen unzulässig ist und die Ansprüche daher verjährt sind.
Der BGH sah das anders: Die Anmeldung zu einer Musterfeststellungsklage hemmt die Verjährung bis sechs Monate nach dem Ende des Verfahrens oder nach der eigenen Austragung. Dabei reicht es, wenn die Musterfeststellungsklage vom klagenden Verband rechtzeitig erhoben wurde.
Für VW-Kunden hat das Urteil momentan kaum eine Auswirkung, da die Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen bereits seit mehr als sechs Monaten beendet ist. Allerdings ist das Urteil auch auf andere Musterfeststellungsklagen anwendbar, bei denen Verjährung droht. Beispielsweise starten die Verbraucherzentralen immer wieder Musterprozesse gegen einzelne Sparkassen wegen zu niedriger Zinszahlungen beim Prämiensparen. Auch die Eintragungsfrist für das Klageregister der Mercedes-Musterfeststellungsklage könnte sich über den Jahreswechsel 2021/2022 hinziehen – hier droht Ende 2021 Verjährung.
Wer wissen will, ob er im Abgasskandal noch einen Anspruch auf Schadensersatz hat, der findet bei RECHTECHECK Hilfe: