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Skandal um Till Lindemann – welche Konsequenzen drohen?

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Rammstein-Skandal – welche Konsequenzen drohen Lindemann?
21. Juni 2023

Zusammenfassung:

  • Dem Rammstein-Sänger Lindemann sollen systematisch junge Frauen gebracht worden sein, damit er mit ihnen sexuelle Handlungen vornehmen kann.
  • Weitere Vorwürfe zu Betäubung durch Alkohol und K.-o.-Tropfen und sogar Vergewaltigung stehen im Raum.
  • Damit könnte der Sänger Betäubungsmittel abgegeben und Sexualstraftaten begangen haben – aber gerade Letztere lassen sich oft nur schwer beweisen.

Der Rammstein-Sänger Till Lindemann ist seit Langem ein gefeierter Star. Aus den Reihen ausverkaufter Konzerte jubeln ihm Fans jeden Alters zu – darunter auch sehr junge Frauen, die nicht davon abgeneigt wären, dem Künstler näher zu kommen. Soweit, so gut – aber was ist, wenn der Sänger gerade diese Frauen systematisch vorauswählen und bewusst in die sogenannte “Row Zero” bringen lässt? Und wie ist die Lage, wenn etwaige Treffen mit der Band an die Voraussetzung gekoppelt werden, dass sich diese jungen Frauen sexuellen Kontakt zum Frontsänger vorstellen könnten?

Die Grenze des moralisch Anrüchigen und des strafrechtlich Verbotenen gerät ins Wanken. Aber das ist noch nicht alles: Vorwürfe werden laut, dass Lindemann besagte Frauen zum Teil mit Alkohol bis hin zu K.-o.-Tropfen gefügig gemacht haben soll – oder einfach gleich auf ihr Einverständnis verzichtet haben soll. Aber wie viel ist dran an diesen Aussagen? Und mit welchen Konsequenzen müssen jetzt die Band und vor allem Till Lindemann rechnen?

Vieles ist unklar, aber die Ermittlungen laufen

Auf einmal waren sie da, die Vorwürfe. Und wie so oft meldeten sich immer mehr vermeintlich Betroffene, nachdem das Eis einmal gebrochen war. Diverse Fans der Band spekulieren, dass sich hier Frauen an Till Lindemann bereichern möchten – doch das plötzliche Lautwerden hat im Rahmen von Sexualverbrechen oft andere Hintergründe: Opfer sind häufig selbst mit Scham behaftet. Viele von ihnen treten erst dann in die Öffentlichkeit, wenn jemand anderes mit gutem Beispiel vorangeht.

Trotzdem: Aufgrund der zahlreichen Vorwürfe brodelt die Gerüchteküche und Halbwahrheiten verbreiten sich wie Lauffeuer. Die mutmaßlichen Opfer selbst berichten von mysteriösen WhatsApp-Gruppen, die den Zugang zur “Row Zero” ermöglichen, bis hin zu sexuellem Missbrauch durch den Rammstein-Sänger. Letzterer lässt durch seine Anwälte mitteilen, dass die Vorwürfe, er habe zu diesem Zwecke junge Frauen betäubt, “ausnahmslos unwahr” seien.

Nun liegen mehrere Strafanzeigen gegen Lindemann vor und die Staatsanwaltschaft ermittelt. Die mutmaßlichen Opfer haben zum Teil unter eidesstattlicher Versicherung ausgesagt, womit sie sich selbst im Falle einer Falschaussage strafbar machen würden.

Sexualstraftaten und Abgabe von Betäubungsmitteln

Die gegen Lindemann ermittelnde Staatsanwaltschaft geht vor allem zwei Fragen nach: Hat der Sänger Sexualstraftaten begangen? Und hat er Betäubungsmittel abgegeben?
Letztere Frage scheint verhältnismäßig einfach mit einem klaren Ja oder Nein zu beantworten zu sein.

Schwieriger ist die Frage nach den Sexualstraftaten. Denn § 177 StGB sieht vor, dass eine Vergewaltigung dann gegeben ist, wenn eine sexuelle Handlung gegen den “erkennbaren Willen einer anderen Person” durchgeführt wird. Die Grenzen verschwimmen insbesondere dort, wo Alkohol im Spiel ist – was auf Rammstein-Konzerten nunmal keine Seltenheit ist. Was ist, wenn das (stark betrunkene) Gegenüber versichert, es wolle sexuelle Handlungen vornehmen? Darf sich die andere Person darauf verlassen? Und wann muss sie davon ausgehen, dass der Alkohol das Zurechnungsvermögen so sehr getrübt hat, dass eine klare Willensbildung nicht mehr möglich ist (obwohl sie bekräftigt wird)?

Wer sexuelle Handlungen mit einer anderen Person vornehmen möchte, muss letztlich selbst eine Einschätzung vornehmen, ob dies gerade dem echten Willen des Gegenübers entspricht. Aber gerade in Situationen, in denen Alkohol geflossen ist, drängt sich die Frage auf: Wie viele drücken ein Auge zu, obwohl sie eigentlich wissen könnten, dass die andere Person nicht mehr ganz zurechnungsfähig ist?

Der Nachweis ist schwierig, die soziale Ächtung präsent

Der Nachweis, dass eine Handlung gegen den “erkennbaren Willen” einer anderen Person durchgeführt wurde, gestaltet sich im Strafrecht schwer. Insbesondere die Frage, welche Bedingungen an die Erkennbarkeit geknüpft sind, sind letztlich einzelfallabhängig und äußerst komplex.

Im Falle einer Sexualstraftat droht dem Täter eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Sie kann aber nur selten nachgewiesen werden, weil es regelmäßig an Zeugen oder anderen Beweismitteln fehlt.

Sicherer als der Ausgang der Ermittlungen ist allerdings schon heute die Abkehr vieler ehemaliger Fans von der Band. Sie glauben den Vorwürfen und schließen sich sogar zu Demos gegen Rammstein zusammen. In jedem Fall regt der Lindemann-Skandal Diskussionen über die vielen Grauzonen zwischen moralisch Verwerflichem und strafrechtlich Relevantem an.

Autor

Lisa hat Jura studiert und ist seit ihrem ersten Examen neben ihrem Master of Laws (LL.M.) als freiberufliche Autorin tätig. Schon seit Jahren schreibt sie juristische Beiträge für verschiedene Blogs, Kanzleien und Unternehmen.

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