Der Güterstand beschreibt eine gesetzliche Vorschrift über die Verteilung des Vermögens und deren Verwaltung in der Ehe und bei deren Ende. Dabei gibt es in Deutschland 3 Güterstände, zwischen denen ein Ehepaar gemeinsam wählen kann: die Gütergemeinschaft, die Gütertrennung und den Regelfall: die Zugewinngemeinschaft. Die Gütergemeinschaft und die Gütertrennung müssen in einem notariell beurkundeten Ehevertrag festgelegt werden.
Die Zugewinngemeinschaft ist in Deutschland der gesetzliche Güterstand und gilt automatisch, wenn keine andere Regelung getroffen wird. Der Zugewinnausgleich am Ende der Ehe ist der wesentliche Unterschied zu den anderen Güterständen. Die Zugewinngemeinschaft kann aber auch modifiziert werden. Eine Übersicht über die Vorteile und Nachteile der Zugewinngemeinschaft haben wir Ihnen hier zusammengestellt.
Zugewinngemeinschaft während der Ehe
Lebt das Ehepaar in einer Ehe mit Zugewinngemeinschaft, verwaltet jeder Ehegatte das eigene Vermögen selbst. Trotz getrennter Verwaltung besteht eine Auskunftspflicht gegenüber dem Ehepartner. Im Gegensatz zur Gütertrennung darf ein Ehepartner aber nicht über das gesamte Vermögen verfügen und dieses verkaufen o. Ä. ohne die Zustimmung des anderen Partners. Auch bei gemeinschaftlich genutzten Gegenständen im Haushalt muss immer der andere Partner zustimmen, bevor sie verkauft oder verschenkt werden.
Zugewinnausgleich im Fall der Scheidung
Kommt es zur Scheidung gibt es den Zugewinnausgleich. Alles Vermögen, das während der Ehe von den beiden Ehepartnern erwirtschaftet wurde, wird am Ende zusammengerechnet. Jeder Ehepartner bekommt dann die Hälfte des gesamten hinzugekommenen Vermögens. Das Vermögen, das jeder Ehepartner mit in die Ehe gebracht hat, gehört auch nach der Scheidung komplett diesem.
Erbt ein Partner während der Ehe ein Vermögen, so zählt dies zu dem Vermögen, das mit in die Ehe gebracht wurde. Da Erbschaften einen persönlichen Bezug haben, werden diese bei der Scheidung also nicht aufgeteilt. Dasselbe gilt für Schenkungen.
Soweit es in einem Ehevertrag nicht anders geregelt ist, gilt auch im Trennungsjahr weiterhin die Zugewinngemeinschaft. Alles Vermögen, das während der Trennung hinzukommt, wird aufgeteilt.
Änderung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft
Der Güterstand kann während der Ehe und auch während des Trennungsjahres noch geändert werden. Der neue Güterstand muss in einem Ehevertrag festgeschrieben werden und bei Anwesenheit beider Partner vom Notar beurkundet werden. Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet, kommt es wie bei einer Scheidung zu einem Zugewinnausgleich. Manche Ehepartner nutzen die Möglichkeit des steuerfreien Zugewinnausgleichs in Form der Güterstandsschaukel. In der Güterstandsschaukel wird zwischen der Gütertrennung und der Zugewinngemeinschaft hin und her gewechselt, um durch den Zugewinnausgleich steuerfrei Vermögen an den anderen Ehepartner zu übertragen.
Was bedeutet modifizierte Zugewinngemeinschaft?
Auch bei den Modifizierungen ist eine notarielle Beurkundung Pflicht. Folgende Modifizierung sind beispielsweise:
- Ausschluss des Zugewinnausgleiches
- Bedingungen für den Zugewinnausgleich (z.B. Ausgleich nur bei einem gemeinsamen Kind)
- Ausnehmen einzelner Gegenstände aus dem Vermögen
- Zugewinn anstatt Barwert als Sachwert
- Begrenzung des Endvermögens
- Festhalten des Anfangsvermögens der Ehepartner
- Festhalten des Wertes verschiedener Vermögensgegenstände
Haftung für Schulden in der Zugewinngemeinschaft
In der Zugewinngemeinschaft haftet jeder Partner für die selbst verursachten Schulden. Verursacht der andere Ehepartner selbst Schulden, hat man dafür also nicht zu haften.
Anders sieht es aus, wenn gemeinsam Schulden aufgenommen werden. Beide haften, wenn Sie zusammen bei einem Hauskauf einen Kredit aufnehmen oder zusammen einen Darlehensvertrag abschließen. Außerdem stellen Schulden negatives Vermögen dar, sodass der Zugewinn ggf. reduziert wird.
Beispiel: Ein Ehepartner kauft ein Haus und nimmt dafür einen Kredit auf. Der Zugewinn aus diesem Geschäft ist zunächst 0, da sich zusätzliches Vermögen (Haus) und zusätzliche Schulden gegenseitig aufheben. Ein positiver Zugewinn entsteht dagegen, wenn der Kredit allmählich abbezahlt wird.
Vorteile der Zugewinngemeinschaft
Steuerliche Vorteile der Zugewinngemeinschaft
Der Zugewinnausgleich, zu dem es nach der Scheidung kommt, wird nicht versteuert. Verstirbt ein Ehepartner, kommt es auch zu einem Zugewinnausgleich. Das Vermögen, welches durch diesen Ausgleich an den verwitweten Ehepartner übertragen wird, ist ebenfalls steuerfrei. Das generelle Erbe, das aber sonst noch dazukommen würde, muss weiterhin nach deutschem Gesetz versteuert werden.
Welchen Güterstand Sie in der Ehe gewählt haben, hat einen Einfluss auf den prozentualen Anteil, den Sie als Witwe oder Witwer bekommen würden. Eine Übersicht über die Erbquoten in den 3 Güterständen finden Sie in unserer Tabelle zur Erbschaftssteuer bei unterschiedlichen Güterständen.
Getrenntes Vermögen während der Ehe
Während der Ehe verwaltet jeder Ehepartner das eigene Vermögen. Die Einschränkung liegt darin, dass ein Ehepartner ohne die Zustimmung des anderen Ehepartners nicht über das ganze eigene Vermögen bestimmen kann.
Es kommt also auf das ganze Vermögen eines Ehepartners an. Besitzt dieser beispielsweise nur eine Immobilie und hat sonst kein Vermögen, kann diese Immobilie ohne Zustimmung des anderen Ehepartners nicht verkauft werden. Besitzt ein Ehepartner allerdings mehrere Immobilien, so kann theoretisch auch eine Immobilie ohne Zustimmung des Ehepartners verkauft werden.
Zugewinnausgleich für den geringer verdienenden Ehepartner
Verdient ein Ehepartner weniger als der andere, da dieser im Haushalt tätig ist, Kinder betreuen muss oder aus anderem Grund weniger Einkommen hat, so profitiert dieser Ehegatte vom Einkommen des anderen Ehegatten. Bei der Scheidung erhalten beide Ehepartner die Hälfte des während der Ehe erwirtschaften Vermögens durch den Zugewinnausgleich.
Nachteile der Zugewinngemeinschaft
Gemeinsame Entscheidungen über das Vermögen
Auch bei getrennter Verwaltung hat ein Ehepartner keine alleinige Entscheidungsgewalt über das eigene Vermögen im Ganzen. Auch Haushaltsgegenstände können nicht ohne die Zustimmung des Partners verkauft oder verschenkt werden.
Zahlung eines Zugewinnausgleiches
Der Ehepartner, der während der Ehe mehr Vermögen angehäuft hat, muss am Ende der Ehe, falls nicht anders festgelegt, die Hälfte der Differenz des Zugewinns der beiden Ehepartner auszahlen.
Vorsicht: Der Zugewinn kann auch negativ ausfallen. In diesem Fall wird der Zugewinn aber als 0 angesehen.
Beispiel: Die Ehefrau bringt ein Unternehmen im Wert von 1 Mio. € in die Ehe ein, ansonsten besitzen beide kein Vermögen. Das Unternehmen wird während der Ehe insolvent und bei der Scheidung ist sie mittellos, während der Ehemann sich von seinem Job 20.000 € angespart hat. Der Ehemann schuldet seiner Exfrau durch den Zugewinnausgleich 10.000 €.
Streitigkeiten um Anfangsvermögen und Endvermögen
Die Höhe des Zugewinnausgleiches hängt von dem hinzugekommenen Vermögen während der Ehe ab. Haben die Eheleute im Ehevertrag nicht extra festgelegt, welches Vermögen in die Ehe mitgebracht wurde, kommt es bei der Scheidung häufig zu Streitigkeiten. Strittig können dabei sowohl die Aufzählung der Vermögensgegenstände als auch deren Bewertung sein.
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Claudia Sturm ist Gründerin und Geschäftsführerin der CSR Sturm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Zusammen mit Rechtechteck verhilft sie getrennten Paaren zu einer einvernehmlichen Scheidung. Sie hat stets einen Blick über den Tellerrand hinaus und geht unkonventionelle Wege. Als Rechtsanwältin ist sie spezialisiert auf Allgemeines Zivilrecht, Familienrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht und Zwangsvollstreckungsrecht. Sie ist Lehrbeauftragte der Hochschule Heilbronn, Referentin zahlreicher Fachvorträge und Autorin juristischer Fachartikel.