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Rücktritt Lebensversicherung – Situation in Österreich

6. Oktober 2017

Warum das Rücktrittsrecht für österreichische Lebensversicherungskunden gut ist

Lebensversicherungs-Polizzen sind auch in Österreich meist keine besonders gute Geldanlage. Sie sind teuer, haben niedrige Renditen, sind unflexibel und werden den Verbrauchern oft „am Bedarf vorbei“ von Vertretern und Maklern aufgeschwatzt. Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen kommt noch das Risiko hinzu, das sich der Fonds negativ entwickelt. Daher werden viele Lebensversicherung rückgekauft (also vorzeitig gekündigt) oder es wird eine Prämienfreistellung vereinbart. Bei einer vorzeitigen Kündigung erhält man aber meist nicht einmal die eingezahlten Prämien zurück. Kurz: Viele Österreicher würden ihre Lebensversicherung gerne wieder loswerden und wünschen sich daher ein dauerhaftes Rücktrittsrecht.

Rechtliche Grundlage für den Rücktritt von der Lebensversicherung

Bereits seit dem 1.1.1994 gilt auch in Österreich eine EU-weite Regelung, nach der Versicherte nach dem Abschluss einer Lebensversicherungs-Polizze noch eine kurze „Bedenkzeit“ bekommen. Innerhalb dieser Zeit können sie ohne Angabe von Gründen den Rücktritt von ihrer Lebensversicherung erklären. Die Versicherung hat dabei die Pflicht, ihre Kunden korrekt über dieses Rücktrittsrecht aufzuklären – genauso wie über das Widerrufsrecht bei Lebensversicherungen in Deutschland.

Das Problem dabei: Auch in Österreich haben viele Versicherungen ihre Kunden gar nicht oder nicht korrekt über ihr Rücktrittsrecht informiert. Bereits im Dezember 2013 hat der EuGH entschieden, dass den Verbrauchern in einem solchen Fall ein „ewiges Widerrufsrecht“ zusteht.

Im September 2015 hat der Oberste Gerichtshof (OGH) entschieden, dass dies auch für in Österreich abgeschlossene Lebensversichrungen gilt (Geschäftszahl 7Ob107/15h). Die Verbraucher können damit auch noch zum jetzigen Zeitpunkt für ihre Lebensversicherung den Rücktritt erklären.

Seit dem OGH-Urteil sind auf Handelsgerichts-Ebene weitere Urteile zu Gunsten der Verbraucher gefallen. So konnte eine Versicherte, die nach Ablauf ihrer Polizze weniger ausbezahlt bekam als sie einbezahlt hatte, noch von ihrem Vertrag zurücktreten. Sie war nicht ausreichend über ihr Rücktrittsrecht belehrt worden (HG Wien, 1 R 62/16p). Außerdem kann eine Versicherung nach einer Entscheidung des HG Wien (11 Cg 53/16f) auch nicht per AGB die Auszahlung nach einem wirksamen Rücktritt auf den niedrigen Rückkaufswert beschränken.

Folgen des Rücktritts

Nach dem Rücktritt von seiner Lebensversicherung erhält der Versicherungsnehmer alle gezahlten Beiträge zurück. Die Versicherung darf also z.B. keine Verwaltungs- oder Vertriebskosten zum Abzug bringen. Die Versicherung darf allerdings Risikoprämien abziehen, beispielsweise für genossenen Ablebensschutz und allfälligen Berufsunfähigkeitsschutz. Zusätzlich zu dieser Rückerstattung muss die Versicherung auch noch die gesetzlichen Zinsen von 4 % zahlen.

Der Versicherte wird also durch den Rücktritt von seiner Lebensversicherung wesentlich besser gestellt als bei einer Kündigung, bei der er ja lediglich der Rückkaufswert erhält.

Die österreichische Regierung hat allerdings bereits einen ersten Versuch gemach, diese verbraucherfreundliche Regelung zu ändern: Demnach sollten Versicherte voraussichtlich ab November 2017 bei einem Rückritt nur noch den Rückkaufswert der Versicherung zurückerhalten. In den ersten 5 Jahren sollten sie zusätzlich die Abschlusskosten erstattet bekommen. Die Regierung hat zwar im letzten Moment kalte Füße bekommen und die Gesetzesänderung gestoppt, dennoch sollte man sich mit dem Rücktritt beeilen, um nicht langfristig doch das Nachsehen zu haben.

Übrigens: Auch in Österreich entsteht der Rechtsschutzfall erst, wenn die Lebensversicherung den Rücktritt ablehnt. Das bedeutet, dass man noch im Vorfeld eine Rechtsschutzversicherung abschließen kann.

Bei welchen Lebensversicherungen der Rücktritt möglich ist

Grundsätzlich ist der Rücktritt bei allen Lebensversicherungen möglich, die seit dem 1. Jänner 1994 abgeschlossen wurden und bei denen die Belehrung über das Rücktrittsrecht gefehlt hat oder nicht korrekt war. Dabei sind die Unterschiede zwischen einer korrekten und einer falschen Belehrung über das Rücktrittsrecht für Laien nicht immer einfach zu erkennen. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass die Versicherung die korrekte Widerrufsbelehrung nachgeholt hat – oft zusammen mit anderen „Anpassungen der AGB“. Ob bei einer bestimmten Lebensversicherungs-Polizze ein Rücktritt möglich ist, kann meist bereits im Rahmen einer kostenlosen Ersteinschätzung geklärt werden, beispielsweise bei Helpcheck *.

Das Rücktrittsrecht besteht nicht nur bei klassischen und fondsgebundenen Lebensversicherungen, sondern auch bei der (neuen) prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge und der privaten Pensionsvorsorge (private Rentenversicherung). Dabei kann der Rücktritt nicht nur bei regulär laufenden, sondern auch bei abgelaufenen oder rückgekauften Versicherungen sowie solchen mit Prämienfreistellung erklärt werden. Gerade bei bereits rückgekauften Lebensversicherungen lohnt sich i.d.R. der Rücktritt, da die Versicherten dadurch oft eine hohe Nachzahlung erhalten.

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