1. Wann muss Unterhalt gezahlt werden?
Die Unterhaltspflicht ist zum einen von der Bedürftigkeit, zum anderen von der Leistungsfähigkeit abhängig. Ist der eine Ehepartner „außerstande (…), sich selbst zu unterhalten“ (§ 1602 BGB) und der andere in der Lage, Unterhalt „ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts“ zu gewähren (§ 1603 BGB), besteht die Verpflichtung zum Unterhalt an Verwandte gerader Linie. Gibt der unterhaltspflichtige Expartner seine Arbeit grundlos auf oder arbeitet er weniger, um keinen Unterhalt bezahlen zu müssen, können ihm so genannte fiktive Einkünfte angerechnet werden, die den künftigen Unterhalt bestimmen.
2. Wer zahlt Kindesunterhalt?
Beide Eltern sind ihrem Kind gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Dabei wird zwischen Betreuungsunterhalt bzw. Naturalunterhalt und Barunterhalt unterschieden: Während der eine Ehepartner etwa für Kost und Unterkunft des Kindes aufkommt, leistet der andere Kindesunterhalt in Form von Geldbeträgen. Der Mindestunterhalt wird dabei nach der Düsseldorfer Tabelle berechnet, der unterhaltspflichtige Elternteil kann einen Selbstbehalt (Eigenbedarf) beanspruchen. Grundsätzlich muss Kindesunterhalt bezahlt werden, bis das Kind seine erste berufliche Ausbildung abgeschlossen hat. Eine Ausnahme bildet das Wechselmodell, bei dem das Kind abwechselnd in jeweils gleich langen Zeitintervallen bei beiden Eltern lebt – dann leisten beide Eltern Natural- und Barunterhalt direkt ans Kind.
3. Was ist die Düsseldorfer Tabelle?
Der Kindesunterhalt wird nach der Düsseldorfer Tabelle berechnet, die von sämtlichen Familiengerichten angewandt und alle zwei Jahre aktualisiert wird. Der zu zahlende Mindestbetrag richtet sich dabei nach dem bereinigten Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils (Einkommensstufen 1-10) sowie dem Alter des Kindes (Unterteilung in vier Altersstufen). Kindergeld wird in der Regel hälftig jedem Elternteil zugerechnet.
4. Wann kann ich Unterhaltsvorschuss beantragen?
Wenn der andere Elternteil nicht, nur teilweise oder unregelmäßig Unterhalt fürs Kind bezahlt, kann beim Jugendamt Unterhaltsvorschuss beantragt werden. Dieser Vorschuss muss vom unterhaltspflichtigen Elternteil später zurückgezahlt werden, wenn er seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, obwohl er ganz oder teilweise Unterhalt zahlen könnte. Die Bewilligung des Unterhaltsvorschusses richtet sich nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UhVorschG) und ist von zahlreichen Bedingungen abhängig. Beispielsweise wird er dann nicht gewährt, wenn das Kind beim anderen Elternteil lebt oder der betreuungspflichtige Elternteil mit einem neuen Partner verheiratet ist.
5. Welcher Unterhalt hat Vorrang?
Wenn Unterhaltspflichtige mehreren Personen Unterhalt zahlen müssen – z. B. einem oder mehreren Kindern, dem getrennten bzw. geschiedenen Ehegatten und eventuell auch noch den pflegebedürftigen Eltern, reicht das Einkommen häufig nicht aus. Dann gilt: Der Unterhalt für minderjährige Kinder hat Vorrang. Erst wenn deren Anspruch gedeckt ist, kommen volljährige Kinder, Ehegatten oder Eltern an die Reihe (oder gehen im Zweifel leer aus).
6. Sind Unterhaltspflichtverletzungen strafbar?
Der unterhaltspflichtige Elternteil macht sich strafbar, wenn er durch Nichtbezahlen des Unterhalts vorsätzlich den „Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet“, und kann laut § 170 StGB zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe verurteilt werden. Allerdings werden in der Praxis Verfahren zur Unterhaltspflichtverletzung häufig eingestellt, wenn die Unterhaltsrückstände binnen einer Frist beglichen werden. Eine zusätzliche Geldstrafe wird oft als kontraproduktiv angesehen, auch Freiheitsstrafen sind nicht gängig.
7. Wann habe ich Anspruch auf Trennungsunterhalt?
Auch während der Ehe gibt es Anspruch auf Unterhalt: Der weniger oder gar nicht verdienende Partner kann laut § 1361 BGB für den Zeitraum der Trennung bis zur Scheidung Trennungsunterhalt beanspruchen. Damit soll verhindert werden, dass nicht oder nur geringfügig erwerbstätige Ehepartner im Trennungsjahr finanziell den Boden unter den Füßen verlieren. Wichtig zu wissen: Unterhaltsansprüche bei Trennung und nach der Scheidung unterscheiden sich – im Zweifel muss nach der Scheidung ein neues Verfahren angestrengt werden.
8. Kann mir der Anspruch auf Trennungs- und Ehegattenunterhalt verwehrt werden?
Laut § 1579 BGB kann Trennungs- und Ehegattenunterhalt „wegen grober Unbilligkeit“ in zahlreichen Fällen verweigert, zeitlich begrenzt oder herabgesetzt werden – zum Beispiel dann, wenn die Bedürftigkeit mutwillig verursacht wurde, eine Straftat gegen den Ehepartner begangen wurde, der Berechtigte neu verpartnert oder verheiratet ist oder die kinderlose Ehe nur von „kurzer Dauer“ (bis zu 2 Jahre) war. Auch durch das mutwillige Gefährden von gemeinsamem Vermögen kann der Unterhaltsanspruch erlöschen. Die Liste ist lang – und beansprucht keine Vollständigkeit, denn unter Abs. 8 heißt es, dass der Unterhaltsanspruch auch dann verwirkt sein kann, „(wenn) ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.“
9. Wann endet die Unterhaltspflicht?
Kindesunterhalt muss grundsätzlich bis zur Beendigung der ersten Berufsausbildung des Kindes geleistet werden – eigene regelmäßige Einkünfte des Kindes wie Ausbildungsvergütung, Einnahmen aus Nebenjobs oder ein BAföG-Darlehen können verrechnet werden. Der Trennungsunterhalt endet am Tag, bevor die Scheidung rechtskräftig wird. Der Ehegattenunterhalt basiert auf dem Grundsatz der Eigenverantwortung: Laut § 1569 BGB muss jeder Ehegatte stets versuchen, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen – Ausnahmen sind z.B. Zeitspannen zur Betreuung eines gemeinsamen Kindes sowie Krankheit oder Alter. Ändern sich diese Bedingungen, kann der Anspruch enden. Dies gilt auch dann, wenn der Unterhaltsanspruch sowieso zeitlich begrenzt war. Treten all diese Umstände nicht ein, kann es sein, dass der Ehegattenunterhalt bis zum Tod des Berechtigten oder dem Tod des Verpflichteten weitergezahlt werden muss.
10. Was ist eine Unterhaltsvereinbarung?
Unterhaltsvereinbarungen beinhalten individuelle Regelungen zu Trennungsunterhalt, nachehelichem Unterhalt oder Kindesunterhalt und können gerichtlich oder außergerichtlich getroffen werden. Letztere sind oft Teil einer Trennungsvereinbarung oder Scheidungsfolgenvereinbarung und müssen notariell beurkundet werden, um rechtlich bindend zu sein. Wichtig, ob bei gerichtlich oder außergerichtlich getroffenen Unterhaltsvereinbarungen: Die rechtlichen Details und ihre Folgen sind komplex und bedürfen in jedem Fall einer ausgiebigen Beratung durch einen Familienanwalt, bevor die Vereinbarung abgeschlossen wird.
Unsere Rechts-Redaktion setzt sich intensiv mit verbraucherrelevanten Rechtsthemen auseinander und bereitet sie in enger Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten und Experten so auf, dass man sie auch ohne Staatsexamen versteht. Bei uns finden Sie Ratgeber-Artikel zu Rechtsgebieten wie Scheidungsrecht, Arbeitsrecht, Medizinrecht, dem Abgassskandal oder diversen Geldanlage-Themen.
Claudia Sturm ist Gründerin und Geschäftsführerin der CSR Sturm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Zusammen mit Rechtechteck verhilft sie getrennten Paaren zu einer einvernehmlichen Scheidung. Sie hat stets einen Blick über den Tellerrand hinaus und geht unkonventionelle Wege. Als Rechtsanwältin ist sie spezialisiert auf Allgemeines Zivilrecht, Familienrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht und Zwangsvollstreckungsrecht. Sie ist Lehrbeauftragte der Hochschule Heilbronn, Referentin zahlreicher Fachvorträge und Autorin juristischer Fachartikel.