Das Wichtigste in Kürze:
- Der Ablauf einer Scheidung hängt maßgeblich davon ab, ob sie einvernehmlich oder streitig ist.
- Einer Scheidung geht immer das Trennungsjahr voraus – nur in Ausnahmen kann die Ehe vorher aufgelöst werden (Härtefälle).
- Mindestens einer der Eheleute muss sich einen Anwalt nehmen.
Inhaltsverzeichnis
- Die einvernehmliche Scheidung – der einfachste Weg
- Eine streitige Scheidung einreichen nach dem Trennungsjahr
- Scheidung nach drei Jahren Trennung
- Vorzeitige Scheidung einreichen aufgrund unzumutbarer Härte
- Keine Scheidung ohne Anwalt
- Das kostet eine Scheidung
- Scheidung online beantragen
- So lange dauert eine Scheidung
- Fazit: Das Trennungsjahr für eine einvernehmliche Scheidung nutzen
Irgendwann steht das Wort im Raum: Scheidung. Das Gefühl ist einfach weg. Die Partner, die einst kaum zu trennen waren, schweigen sich am Frühstückstisch an. Oder jede Kleinigkeit führt zu einem handfesten Konflikt. Einer von beiden geht fremd. Die Vorzeige-Ehe hat sich in einen Alptraum verwandelt. Die Erkenntnis: So kann es nicht weitergehen, die Beziehung hat keine Zukunft mehr. Es ist Zeit für eine Scheidung. Doch so einfach ist das nicht. Sofort vor Gericht ziehen und die Lebenswege trennen sich – das ist in Deutschland nicht möglich. Eine Ehe kann nur geschieden werden, wenn sie juristisch als gescheitert, als „zerrüttet“ anzusehen ist. Es gilt zu beweisen, dass keine Lebensgemeinschaft mehr vorhanden ist und eine Wiederherstellung nicht erwartet werden kann.
Die einvernehmliche Scheidung – der einfachste Weg
Grundsätzlich gibt es fünf Szenarien, wie eine Ehe geschieden werden kann. Das erste ist die einvernehmliche Scheidung. Sie ist der einfachste Weg: Beide Beteiligten wollen die Trennung. Um dies zu erreichen, müssen sie zunächst ein Jahr „getrennt von Tisch und Bett“ leben. Das heißt: Die Noch-Ehepartner dürfen weder miteinander schlafen, noch Freizeitaktivitäten zusammen unternehmen oder füreinander kochen. Das Trennungsjahr ist eine vom Gesetzgeber vorgegebene Zeit des Überdenkens, die Eheleute vor übereilten Entscheidungen schützen und ihnen eine Versöhnung ermöglichen soll, bevor es zu spät ist und die Beziehung auch rechtlich aufgelöst wird. Sind sich beide Beteiligten nach dieser Zeit jedoch einig, dass sie die Ehe beenden wollen, kann die Scheidung eingereicht werden.
Gut zu wissen:
Auch wenn die Scheidung einvernehmlich erfolgt, muss bewiesen werden, dass die Ehepartner keine häusliche Gemeinschaft mehr bilden. Am einfachsten ist das durch einen Auszug möglich, bei dem das Datum als Beginn des Trennungsjahres festgehalten wird. Der Gesetzgeber akzeptiert aber auch eine Trennung in der gemeinsamen Wohnung oder dem gemeinsamen Haus, wenn die Räumlichkeiten und der Hausrat klar getrennt sind.
Eine streitige Scheidung einreichen nach dem Trennungsjahr
Doch auch wenn nur einer der beiden Eheleute die Scheidung will, kann ihn der andere nicht in der Beziehung halten. Der Antragsteller muss in diesem Fall aber dem Gericht nach dem Trennungsjahr die Scheidungsgründe mitteilen. Streitet der Partner diese ab, müssen sie zum Beispiel durch Zeugen bewiesen werden. Gründe hierfür können sein:
- Eine Versöhnung ist durch den Antragsteller ausgeschlossen
- Der Antragsteller will die Scheidung unumstößlich vollziehen
- Es existiert keine Kommunikation mehr zwischen den Noch-Ehepartnern und sie haben keinen Geschlechtsverkehr
- Einer oder beide Beteiligten führen bereits neue Beziehungen
- Es kann nachgewiesen werden, dass die Lebensplanungen nicht mehr zueinander passen
Danach entscheidet das Gericht, ob die Ehe zerrüttet ist und nach einem Jahr geschieden werden kann.
Gut zu wissen:
Die Scheidung einreichen lässt sich schon nach einer zehnmonatigen Trennung, da das Trennungsjahr erst mit dem Urteilsspruch verstrichen sein muss.
Scheidung nach drei Jahren Trennung
Streben die beiden Parteien keine einvernehmliche Scheidung an und blockiert ein Ehepartner die Trennung, kann sich dieser Vorgang vor Gericht im schlechtesten Fall sehr lange hinziehen. Es sei denn, beide Parteien leben seit drei Jahren getrennt. Dann gilt die Ehe vor dem Gesetz automatisch als gescheitert. Dabei ist unerheblich, ob einer der Partner der Scheidung nicht zustimmt. Auch Gründe müssen keine mehr vorgebracht werden.
Vorzeitige Scheidung einreichen aufgrund unzumutbarer Härte
Es gibt allerdings einen Sonderfall in der deutschen Rechtsprechung, durch den einer von beiden die Scheidung schneller einreichen kann. Stellt die Fortsetzung der Ehe für einen der Partner eine unzumutbare Härte dar, kann sie bereits vor dem Ablauf des Trennungsjahres beendet werden. In diesem Fall entscheidet ein Familienrichter, ob über das Scheitern der Ehe hinaus Gründe vorliegen, die das Zusammenleben unmöglich machen. Diese müssen vor Gericht bewiesen werden. Beispiele hierfür sind:
- Wiederholte körperliche Gewalt in der Ehe
- Misshandlung der Kinder
- Vergewaltigung des Ehepartners
- Schwere Fälle von Ehebruch
- Alkoholismus
Keine Scheidung ohne Anwalt
Die Ehepartner selbst können die Scheidung allerdings nicht einreichen. Es ist immer zwingend mindestens ein Anwalt nötig. Sind sich die Noch-Eheleute einig und streben eine einvernehmliche Scheidung an, reicht es, wenn derjenige, der die Trennung eingeleitet hat, einen Rechtsbeistand auswählt. Dabei können zum Beispiel die Kosten geteilt werden. Bedacht werden sollte aber, dass der Anwalt immer nur den Antragsteller vertritt. Sollte sich das Verhältnis der Eheleute im Lauf des Trennungsjahres ändern, kann ein zweiter Rechtsbeistand nötig werden. Schließlich müssen auch bei einer einvernehmlichen Scheidung Dinge wie der Unterhalt, das Vermögen, der Versorgungsausgleich und das Sorgerecht für etwaige Kinder geklärt werden. Deswegen ist es ratsam, dass sich beide Parteien frühzeitig einen Rechtsbeistand suchen, um ihre Interessen zu vertreten und Streitigkeiten aus dem Weg zu räumen.
Das kostet eine Scheidung
Ein Argument für die Wahl von nur einem Anwalt gibt es aber: So lassen sich bei einer einvernehmlichen Scheidung Kosten sparen. Das kann bis zu einigen tausend Euro ausmachen. Ermittelt werden die Kosten einer Scheidung durch den Streitwert, der sich an Einkommen und Vermögen der Eheleute orientiert. Zugrundegelegt wird das Nettoeinkommen beider Parteien aus drei Monaten, wobei dazu nicht nur das Gehalt zählt, sondern auch Einkünfte aus Vermietung, Verpachtung, Zinsen und Nebenjobs. Weitere Kostentreiber sind das Vermögen der Eheleute und der Versorgungsausgleich. Daraus ergeben sich die Kosten für Anwalt/Anwälte und Gericht.
Hier eine Beispielrechnung für eine einvernehmliche Scheidung ohne Kinder und Vermögen, wenn der Versorgungsausgleich vorher notariell ausgeschlossen wurde:
Dies sind aber nur Richtwerte. Einheitliche Anwalts- und Gerichtskosten gibt es nicht, weshalb es vorher mit dem Rechtsbeistand genau zu klären gilt, was finanziell im Falle einer Trennung auf den Antragsteller zukommt. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass die Kosten einer streitigen Scheidung im Vergleich zu einer einvernehmlichen Einigung immer höher sind, da ein zweiter Anwalt konsultiert werden muss. In unserer Beispielrechnung steigen so die Kosten für die Scheidung von 2.354,70 auf 4.175,40 Euro. Auch die Gerichtskosten erhöhen sich in diesem Fall.
Gut zu wissen:
Ehepartner, die fürchten, die Scheidungskosten nicht aufbringen zu können, können über einen Anwalt einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe stellen. Bedingung ist die Offenlegung der finanziellen Verhältnisse.
Scheidung online beantragen
Eine weitere Möglichkeit die Kosten zu senken ist, die Scheidung online durchzuführen. Der Antragsteller kommuniziert mit seinem Anwalt nur per Mail, Telefon oder Videokonferenz und erhält eine Webakte, auf die er jederzeit zugreifen kann. Nur zum Scheidungstermin selbst muss in den meisten Fällen noch vor Gericht erschienen werden.
So lange dauert eine Scheidung
Eine Scheidung kann aber nicht nur teuer sein, sie ist auch ein langwieriger Prozess. Je nach Wartezeit beim Gericht kann sie nach Einreichen des Scheidungsantrages zwischen sechs und zwölf Monaten dauern. Bereits das Einholen der Informationen für den Versorgungsausgleich und die Rentenansprüche bei den zuständigen Behörden können Monate in Anspruch nehmen. Um das Verfahren zu verkürzen, lohnt es sich, diese Informationen bereits vor Antragstellung anzufordern. Eine weitere Möglichkeit, die Scheidung zu beschleunigen, ist, die finanziellen Fragen wie Unterhalt und Zugewinn in ein gesondertes Verfahren auszugliedern.
Fazit: Das Trennungsjahr für eine einvernehmliche Scheidung nutzen
Leicht macht sich eine Scheidung niemand. Es ist eine grundlegende Entscheidung, die nicht nur das Gefühlsleben betrifft, sondern alle Bereiche des gemeinsamen Lebens. Wenn es möglich ist, empfiehlt sich immer eine einvernehmliche Scheidung. Sie sorgt dafür, dass die Trennung möglichst schnell vollzogen wird und sich beide Ehepartner auch nach dem Ende ihrer Beziehung in die Augen sehen können. Das Trennungsjahr ist demnach eine Chance, möglichst viele Dinge außergerichtlich zu regeln. Es gilt schließlich nicht nur zwei Hausstände voneinander zu trennen, sondern zwei Leben auseinander zu dividieren – ohne den Respekt voreinander zu verlieren.
Unsere Rechts-Redaktion setzt sich intensiv mit verbraucherrelevanten Rechtsthemen auseinander und bereitet sie in enger Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten und Experten so auf, dass man sie auch ohne Staatsexamen versteht. Bei uns finden Sie Ratgeber-Artikel zu Rechtsgebieten wie Scheidungsrecht, Arbeitsrecht, Medizinrecht, dem Abgassskandal oder diversen Geldanlage-Themen.
Claudia Sturm ist Gründerin und Geschäftsführerin der CSR Sturm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Zusammen mit Rechtechteck verhilft sie getrennten Paaren zu einer einvernehmlichen Scheidung. Sie hat stets einen Blick über den Tellerrand hinaus und geht unkonventionelle Wege. Als Rechtsanwältin ist sie spezialisiert auf Allgemeines Zivilrecht, Familienrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht und Zwangsvollstreckungsrecht. Sie ist Lehrbeauftragte der Hochschule Heilbronn, Referentin zahlreicher Fachvorträge und Autorin juristischer Fachartikel.