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BGH-Urteile im Abgasskandal

BGH-Urteil im Abgasskandal: Betroffene VW-Kunden können ihren Diesel zurückgeben.
22. Juni 2022

Zusammenfassung

  • Diesel-Besitzer, die vom VW-Abgasskandal betroffen sind, können ihren Wagen zurückgeben. Das hat der BGH in einem Urteil entschieden.
  • Vom Kaufpreis wird eine Nutzungsentschädigung entsprechend der gefahrenen Kilometer abgezogen.

Inzwischen sind in Diesel-Prozessen gegen VW, Audi und Mercedes mehrere BGH-Urteile im Abgasskandal gefallen:

Auf einer anderen Seite fassen wir weitere Urteile im Abgasskandal zusammen, u.a. von Oberlandesgerichten und vom EuGH. Außerdem gibt es inzwischen auch BGH-Urteile zum Autokredit-Widerruf.

Erstes BGH-Urteil zu VW: Grundsätzlich Schadensersatz

Mit dem ersten BGH-Urteil im Dieselskandal bekommen betroffene VW-Kunden endlich Rechtssicherheit: Die Verwendung einer illegalen Abschalteinrichtung stellt eine sittenwidrige Schädigung dar. Daher haben die Diesel-Kunden das Recht, ihr Auto zurückzugeben.

Hintergrund zum BGH-Urteil im Dieselskandal

Das BGH-Urteil vom 25.5.2020 (Aktenzeichen VI ZR 252/19) bezieht sich auf einen VW Sharan mit EA 189-Motor. Diesen hatte der Kunde 2014 als Gebrauchtwagen für 31.500 € gekauft. Nach dem Auffliegen des VW-Abgasskandals klagte er auf Rückgabe des Fahrzeugs. Das BGH-Urteil bestätigte ein Urteil des OLG Koblenz, das dem Kunden die Rückgabe des Mogel-Diesels gegen Erstattung des Kaufpreises erlaubte. Davon wird allerdings eine Nutzungsentschädigung abgezogen. Insgesamt erhält der betroffene VW-Kunde voraussichtlich über 25.000 €. Das Auto hat damit in 6 Jahren gerade einmal ein Sechstel seines Wertes verloren.

Volkswagen hat bereits auf das BGH-Urteil reagiert. Der Konzern will vielen Klägern jetzt eine pauschale Einmal-Zahlung anbieten.

Bedeutung des BGH-Urteils: Ihre Ansprüche

Das erste BGH-Urteil im Abgasskandal lässt sich streng genommen nur auf andere betroffene VW-Modelle mit EA 189-Motor oder ähnlichen Abschalteinrichtungen übertragen. Allerdings haben neben VW auch andere Autohersteller Abschalteinrichtungen eingesetzt, bei denen die Unzulässigkeit für die Verantwortlichen offensichtlich gewesen sein müsste. Neben weiteren Motoren von Volkswagen und Audi gilt das beispielsweise wohl für Mercedes oder Fiat.

Für die Besitzer der betroffenen Diesel-Fahrzeuge bedeutet das: Sie können ihre Autos zurückgeben und müssen sich lediglich eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen. Diese hängt von den gefahrenen Kilometern und der erwarteten „Lebensdauer“ des Fahrzeugs ab. Meist liegt die Nutzungsentschädigung dabei deutlich unter dem Wertverlust. Wie viel Geld Ihnen zusteht, haben wir in einer Schadensersatz-Tabelle zusammengefasst. Außerdem können Sie bei uns kostenlos und unverbindlich Ihre Entschädigung berechnen:

Eine weitere Erkenntnis aus dem BGH-Urteil: Es macht keinen Unterschied, ob man das Software-Update verweigert oder es aufspielen lässt. Die BGH-Richter gehen davon aus, dass man das Auto von vorneherein nicht gekauft hätte, wenn man von den Manipulationen gewusst hätte.

In einem BGH-Urteil vom 8.3.2022 (VI ZR 475/19) wurde diese Rechtsauffassung noch einmal bestätigt. Dabei wurde noch einmal hervorgehoben, dass VW in Bezug auf das (Nicht-)Wissen der eigenen Vorstände eine sekundäre Darlegungslast trifft.

BGH-Urteile zu Thermofenstern

Die Autohersteller gehen bisher davon aus, dass die Abgasreinigung nur zwischen ca. 20°C und 30°C funktionieren muss, da das die Testbedingungen für die Typzulassung sind. Verbraucherrechtsanwälte, Umweltschützer und mehrere Oberlandesgerichte sind da anderer Meinung und auch der EuGH ließ erkennen, dass er Thermofenster für unzulässig hält. Dennoch stellte der BGH in einem Urteil vom 13.07.2021 (Az. VI ZR 128/20) fest, dass der Einsatz von Thermofenstern allein nicht ausreicht, um einen Schadensersatzanspruch im Abgasskandal zu begründen. Die Kläger müssten zusätzlich belegen, dass dem Autohersteller sein Gesetzesbruch bewusst war. Bei den – in der Branche weit verbreiteten – Thermofenstern war das dem BGH nicht offensichtlich genug. Ähnlich entschied der BGH am 16.9.2021 (Az. VII ZR 190/20, 286/20, 321/20 und 322/20) und am 24.3.2022 (III ZR 270/20).

Den Klägern bleiben daher zwei Möglichkeiten, wenn sie Schadensersatz von Mercedes bekommen wollen:

  • Sie könnten belegen, dass Daimler (es ging im Prozess um eine C-Klasse) vorsätzlich betrogen hat. Das könnte z.B. gelingen, wenn Daimler gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt seine Thermofenster-Funktion aktiv verschleiert hat.
  • Sie könnten weitere illegale Abschalteinrichtungen nachweisen, die ähnlich eindeutig unzulässig sind wie im VW-Abgasskandal. Aufgrund der Vielfalt an Mercedes-Abschalteinrichtungen dürfte das möglich sein. Daher hat der BGH das erste der Verfahren an das OLG zurückverwiesen.

Vor dem Urteil hatte der BGH bereits zwei Beschlüsse zum Thema veröffentlicht:

Bereits mit seinem Beschluss vom 19.01.2021 (Az. VI ZR 433/19) hob der BGH ein Urteil des OLG Köln auf, das einem Mercedes-Kunden Schadensersatz verweigert hatte. In seinem Beschluss äußerte sich der BGH nicht abschließend, ob der Einsatz von Thermofenstern illegal ist. Außerdem ging der BGH davon aus, dass selbst der Einsatz von unzulässigen Thermofenstern alleine noch keine sittenwidrige Schädigung darstellt. Voraussetzung für einen Anspruch auf Rückabwicklung ist vielmehr, dass sich die verantwortlichen Mitarbeiter bei Daimler bewusst waren, dass sie etwas Illegales tun. Ein Indiz dafür kann beispielsweise sein, dass sie die Zulassungsbehörden bewusst über die Funktion und das Vorhandensein von Thermofenstern getäuscht haben. Wir gehen außerdem davon aus, dass der Einsatz weiterer Abschalteinrichtungen wie der „Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung“ durch Mercedes ein weiteres Indiz sein kann. Ob den Daimler-Mitarbeitern bewusst war, dass sie etwas illegales tun, muss jetzt das OLG klären, an das der Fall zurückverwiesen wurde.

In einem weiteren Beschluss vom 09.03.2021 (Az VI ZR 889/20) ging es um das Software-Update bei EA 189-Motoren von VW. Hier wies der BGH die Klage des Kunden direkt ab. Offenbar war in den Vorinstanzen nicht bewiesen worden, dass Volkswagen bewusst war, das die neu programmierten Abschalteinrichtungen illegal waren. (Möglicherweise wurde es auch gar nicht versucht.) Bei zukünftigen Klagen muss dieser Beweis daher geführt werden.

Eine für Ende Oktober 2020 geplante Verhandlung vor dem BGH ist kurzfristig geplatzt, genauso ein Termin am 14.12.2020.

BGH-Urteil zu Schadensersatz trotz Software-Update

Laut einem BGH-Urteil vom 30.7.2020 (Az. VI ZR 367/19) ist es für den Anspruch auf Rückabwicklung unerheblich, ob der Käufer bereits dem Rückruf gefolgt ist. Damit können die betrogenen Kunden ihre vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge auch zurückgeben, wenn das Software-Update bereits installiert wurde.

Der BGH argumentiert, dass die Kunden von vorneherein kein Auto mit Betrugssoftware kaufen wollten und somit den Wagen zurückgeben können. Eine nachträgliche Änderung und somit (angebliche) Werterhöhung ändert daran nichts.

BGH-Urteil zu EA 189-Kauf nach Herbst 2015

In zwei BGH-Urteilen vom 30.7.2020 (Az. VI ZR 5/20) und vom 08.12.2020, (Az. VI ZR 244/20) stellten die Richter fest, dass nur VW-Kunden, die vor Bekanntwerden des Abgasskandals einen Diesel mit EA 189-Motor gekauft haben, Anspruch auf Entschädigung haben. Ab Herbst 2015 kann davon ausgegangen werden, dass Volkswagen seine Kunden (bzw. die Allgemeinheit) ausreichend über die Betrugssoftware informiert hatte. Dadurch liegt keine sittenwidrige Schädigung mehr vor. Dasselbe gilt natürlich auch für die ebenfalls betroffenen Konzerntöchter Audi, Seat und Skoda.

Das BGH-Urteil gilt jedoch nur mit Einschränkung. Es bezieht sich lediglich auf den Motor EA 189, für den VW bereits einen Betrug einräumen musste. Bei anderen Modellen wie dem EA 288 leugnet Volkswagen weiterhin, dass die dort verwendeten Thermofenster illegal sind. Außerdem bezieht sich das Urteil auch nicht auf andere Hersteller wie Mercedes oder Fiat.

In einem weiteren Urteil vom 14.12.2021 (VI ZR 676/20) stellten die BGH-Richter außerdem klar, dass es dabei auf den Zeitpunkt des Kaufvertrags-Abschlusses ankommt. In dem Fall hatte ein VW-Kunde seinen Betrugs-Diesel bereits vor Bekanntwerden des Abgasskandals bestellt, ihn aber erst danach entgegengenommen und bezahlt. Laut dem BGH-Urteil ist der Schaden bereits mit der Eingehung der Vertragsverpflichtungen eingetreten. Der Zeitpunkt, zu dem die Verpflichtungen erfüllt werden, ist dabei nicht relevant. Zudem hatte der Verkäufer bei der Übergabe noch versichert, das Fahrzeug sei nicht betroffen.

BGH-Urteil zu Deliktzinsen im Abgasskandal

In einem weiteren BGH-Urteil vom 30.7.2020 (Az. VI ZR 354/19, VI ZR 397/19) stellten die Richter fest, dass den Geschädigten im Abgasskandal keine Deliktzinsen zustehen. Diese fallen normalerweise an, wenn dem Geschädigten längere Zeit etwas vorenthalten wird. Wird beispielsweise bei einem Einbruch Geld gestohlen, der Täter aber später geschnappt und das Geld zurückgegeben, muss der Dieb den Betrag verzinsen. Im VW-Abgasskandal sehen die BGH-Richter einen solchen Anspruch nicht, weil der Kunde ja die ganze Zeit ein fahrbereites Auto hatte.

BGH-Urteile zu pauschaler Entschädigung

In einem Urteil vom vom 6.7.2021 (Az. VI ZR 40/20) stellte der BGH klar: Statt einer Rückabwicklung („großer Schadensersatz“) können Geschädigte auch den sogenannten „kleinen Schadensersatz“ verlangen. Dann können sie ihr Wohnmobil oder Auto behalten und bekommen eine einmalige Entschädigungs-Zahlung. Der Schadensersatz muss dabei die ursprüngliche Wertminderung beim Kauf, die Aufwertung durch das Software-Update sowie mögliche Nachteile durch das Update berücksichtigen. Zu den Nachteilen kann auch ein erhöhtes Risiko für Schäden gehören, z.B. für Defekte am AGR-Ventil. Hat der Hersteller die Pauschale gezahlt, kann er folglich auch nicht für die später auftretenden Schäden haftbar gemacht werden. Ansonsten würde er ja doppelt zahlen. In einem weiteren Urteil vom 24.1.2022 (VIa ZR 100/21) ergänzte der BGH seine Rechtsprechung: Danach muss auch geprüft werden, ob der Wert der tatsächlichen Nutzungen nicht bereits den Wert des Autos zum Kaufzeitpunkt überschreitet. Das könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn ein Fahrzeug bereits über seine erwartete Lebensdauer hinaus genutzt wurde.

Zuvor fiel für Vielfahrer am 30.7.2020 im VW-Abgasskandal ein negatives BGH-Urteil (Az. VI ZR 354/19). Nach Ansicht der Richter muss bei einer Rückabwicklung vom Kaufpreis eine Nutzungsentschädigung abgezogen werden. Wie bereits im ersten BGH-Urteil festgestellt, hängt diese Nutzungsentschädigung von den gefahrenen Kilometern ab. Der BGH stellte dazu klar: Für Fahrzeuge mit hohem Tachostand (über ca. 250.000 bis 300.000 km) lohnt sich daher eine Rückgabe nicht. Über einen Anspruch auf pauschalen Schadensersatz haben die BGH-Richter bei diesem Urteil nicht entschieden. Den hatte der Kläger schlicht nicht verlangt.

BGH-Urteil zur Verjährung im Abgasskandal

Am 17.12.2020 ist auch ein BGH-Urteil zur Verjährung im Abgasskandal gefallen (Az. VI ZR 739/20). Konkret ging es um den Motor EA 189, bei dem schon seit 2015 bekannt ist, dass er vom Abgasskandal betroffen ist. Nach Ansicht des BGH begann die Verjährungsfrist von 3 Jahren zum Jahresende bereits mit der Veröffentlichung einer Ad-Hoc-Mitteilung durch Volkswagen im Herbst 2015. Dabei räumte der VW-Konzern ein, dass er beim EA 189 eine illegale Abschalteinrichtung eingesetzt hat. Die Ansprüche aus diesem ursprünglichen Dieselskandal wären damit bereits Ende 2018 verjährt. Andererseits stellte der BGH in Urteilen vom 10.2.2022 (VII ZR 396/21) und vom 17.3.2022 (III ZR 226/20) fest, dass ein Kunde, der bis Ende 2015 noch nicht überprüft hatte, ob sein Diesel betroffen ist, keinen „schwerwiegenden Obliegenheitsverstoß“ begeht und hielt daher einen Verjährungsbeginn erst 2016 für möglich.

Dabei ist zu beachten, dass die Ansprüche bei anderen Herstellern und auch bei anderen Motoren aus dem VW-Konzern von dem BGH-Urteil nicht betroffen sind, da hier der Betrug noch nicht so lange bekannt ist. Außerdem hat der BGH nur für Gebrauchtwagen negativ (Urteil vom 10.2.2022, VII ZR 365/21, VII ZR 679/21, VII ZR 692/21 und VII ZR 717/21) über den Restschadensersatz nach eingetretener Verjährung entschieden. Bei Neuwagen hebelt der Restschadensersatz nach § 852 BGB dagegen die Verjährung weitgehend aus. Das entschied der BGH am 21.2.2022 (VIa ZR 8/21 und VIa ZR 57/21). Vom Abgasskandal betroffene Neuwagen-Käufer können daher ab dem Datum des Kaufvertrags 10 Jahre lang Schadensersatz vom Hersteller fordern. Allerdings schränkte der BGH die Ansprüche auch leicht ein: Die Kunden können bei verjährten Ansprüchen keine Finanzierungskosten und keine vorgerichtlichen Anwaltskosten geltend machen. An denen hat sich der Hersteller ja nicht bereichert. Auch bei EU-Importen kann nach einem BGH-Urteil vom 13.6.2022 grundsätzlich Restschadensersatz durchgesetzt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Händler das Fahrzeug bei der Bestellung noch nicht „auf Halde“ hatte, sondern extra bestellt hat. (VIa ZR 680/21) Das könnte auch bei manchen in Deutschland gekauften Neuwagen zum Problem werden.

In einem Urteil vom 29. Juli 2021 (VI ZR 1118/20) stellte der BGH außerdem klar: Durch die Anmeldung zu einer Musterfeststellungsklage wird die Verjährung gehemmt. Das gilt selbst dann, wenn die Eintragung erst nach dem Eintritt der Verjährung erfolgt ist (zumindest wenn die Klage rechtzeitig erhoben wurde). Selbst eine spätere Austragung aus dem Klageregister ändert daran nichts. In einem weiteren BGH-Urteil vom 27.1.2022 (VII ZR 303/20) wurde diese Rechtsauffassung noch einmal bestätigt.

Normalerweise verjähren die Gewährleistungs-Ansprüche gegen einen Gebrauchtwagenhändler nach einem Jahr. Das setzt aber voraus, dass im Vertrag die normale Gewährleistungsfrist von zwei Jahren wirksam ausgeschlossen wurde. In einem BGH-Urteil vom 24.3.2022 (III ZR 263/20) stellten die Richter aber fest, dass die verwendete Klausel gegen die gesetzlichen Mindestanforderungen verstieß und damit nichtig war. Damit galt bei dem Gebrauchtwagen die zweijährige Gewährleistung. Die Formulierung lautete „Bei Vorführ- und Geschäftsfahrzeugen beginnt der Lauf der Verjährungsfrist für Sachmängel – in Abänderung der in Ziffer – VII 1 der Neufahrzeug-Verkaufsbedingungen enthaltenen Regelung – mit der Erstzulassung lt. Eintrag im Fahrzeugbrief. In jedem Fall bleibt aber eine Verjährungsfrist von einem Jahr erhalten.“ Wer in seinem Vertrag eine solche oder ähnliche Formulierung stehen hat, kann ebenfalls von der längeren Gewährleistung profitieren.

BGH-Urteile zu Befangenheit von Richtern

In vier BGH-Urteilen wurde auch festgelegt, wann ein Richter im Abgasskandal befangen ist. Die obersten deutschen Zivilrichter entschieden, dass eine Richterin in einem Abgasskandal-Prozess befangen ist, wenn sie sich selbst dem VW-Musterfeststellungsverfahren angeschlossen hat (Beschluss vom 10.12.2019, Az. II ZB 14/19). Das gilt selbst dann, wenn sich die Musterfeststellungsklage bereits erledigt hat (Beschluss vom 17.2.2021, Az. III ZB 57/20). Auch eine eigene Klage gegen VW reicht für den Anschein von Befangenheit aus (Beschluss vom 25.2.21, Az. III ZR 205/20).

Außerdem reicht es für eine Befangenheit bereits, wenn sich ein Richter an einen Anwalt wendet, um seine Erfolgschancen zu klären (Beschluss vom 28.07.2020, Az. VI ZB 94/19). In dem BGH-Prozess ging es um einen OLG-Richter, der selbst einen betroffenen Mercedes besaß. Er hatte zu Beginn eines Abgasskandal-Prozesses offengelegt, dass er sich selbst schon bei einem ADAC-Anwalt über seine rechtlichen Möglichkeiten informiert hatte.

BGH-Urteil zum Audi-Abgasskandal

Im Audi-Abgasskandal gibt es gleich zwei Fallkonstellationen. Zum einen hat Audi in seinen Modellen die von VW entwickelten und hergestellten Motoren vom Typ EA 189 und EA 288 eingesetzt. Zum anderen stammen die großen Dieselmotoren (EA 896, EA 897, EA 898 mit Hubraum ab 2,8 l), die im Volkswagen-Konzern verwendet wurden, von Audi. Diese wurden nicht nur in den eigenen Modellen eingesetzt, sondern auch bei Porsche und VW.

Urteile zu Audi-Fahrzeugen mit VW-Motoren

Am 8.3.2021 ist im Verfahren mit dem Aktenzeichen VI ZR 505/19 ein BGH-Urteil gefallen. Nach dem Urteil dürften manche Verfahren im Abgasskandal aufwändiger werden. Außerdem sollten die Anwälte künftig genauer abwägen, welches Unternehmen verklagt wird.

In dem vor dem BGH verhandelten Fall ging es um einen Audi, in dem ein von VW zugelieferter EA 189-Motor verbaut ist. Dabei handelt es sich um den ursprünglichen „Skandalmotor“ mit 1,6 bis 2,0 l Hubraum. Nach dem BGH-Urteil kann der Kläger nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass Audi selbst bei den kleinen Motoren eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung begangen hat. Das würde nämlich voraussetzen, dass Audi von den illegalen Abgasmanipulationen gewusst und sie billigend in Kauf genommen hat. Der Fall wurde zur Klärung dieser Frage an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Ähnlich entschied der BGH am 16.9.2021 (Az. VII ZR 192/20).

Allerdings ist eher unwahrscheinlich, dass Audi von den Manipulationen nichts gewusst hat. Immerhin waren die von Audi selbst entwickelten großen Motoren ebenfalls in den Abgasskandal verwickelt. In diesen Fällen ist Audi auf jeden Fall für illegale Abschalteinrichtungen verantwortlich. Die Kanzlei, die mit Rechtecheck kooperiert, hat beim EA 189-Motor von Anfang an den Motorenhersteller VW verklagt, auch wenn das Fahrzeug von Audi, Seat oder Skoda stammte.

Genau anders herum urteilte der BGH am 25.11.2021 in vier anderen Verfahren (Az. VII ZR 238/20, VII ZR 243/20, VII ZR 257/20, VII ZR 38/21). Das OLG München hatte es nach der Beweisaufnahme als abwegig angesehen, dass die Verantwortlichen bei Audi nichts von den Manipulationen wussten. Dieser Ansicht schloss sich der BGH an und bestätigte die Urteile gegen Audi.

Die BGH-Urteile dürften auch auf andere Autohersteller Auswirkungen haben. Immerhin ist es gerade bei größeren Konzernen üblich, Motoren zwischen den einzelnen Marken auszutauschen. Bei Wohnmobilen wird teilweise das Basis-Fahrzeug (z.B. Iveco Daily) von einem Hersteller mit dem Motor eines anderen Herstellers (z.B. Fiat) produziert und dann von einem dritten (meist konzernfremden) Unternehmen zum Wohnmobil ausgebaut. Ein Anwalt sollte sich daher sehr intensiv mit dem Abgasskandal beschäftigt haben, damit er das richtige Unternehmen verklagen und gegebenenfalls entsprechend vor Gericht argumentieren kann.

Urteile zu Audi-Motoren

Audi führt bei seinen eigenen Motoren die von VW bekannten Verzögerungstaktiken fort. Das bedeutet: Sobald sich vor dem BGH eine Niederlage abzeichnet, wird die Revision zurückgezogen. So ist das im Verfahren VII ZR 256/21 geschehen, wodurch ein Urteil des OLG Koblenz (2 U 2153/19) rechtskräftig wird, nach dem Audi und VW gemeinsam schadensersatzpflichtig sind für einen VW Touareg 3.0 TDI.

In einem weiteren Urteil vom 16.12.2021 (VII ZR 389/21) zu einem Audi A6 mit 3,0l-Motor konnte der BGH lediglich Fragen zur Finanzierung klären.

BGH-Urteil zu Finanzierungskosten im Abgasskandal

In einem weiteren Fall ging es um Finanzierungskosten im Abgasskandal. Der gebraucht von einem Autohaus gekaufte Golf der Klägerin war klar vom Abgasskandal betroffen. Daher war unstreitig, dass sie einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufs hat. Im BGH-Urteil vom 13.4.2021 (Az. VI ZR 274/20) stellten die Karlsruher Richter nun fest: Die betrogenen Kunden haben auch ein Recht auf Erstattung der Finanzierungskosten für ihr Fahrzeug. Im konkreten Fall erhöhte sich die Erstattung um 3.275,55 €, die für Darlehenszinsen und eine Kreditausfallversicherung (Restschuldversicherung) angefallen waren.

BGH -Urteil zu Diesel-Klage aus abgetretenem Recht

Es ist eine Konstellation, die häufiger vorkommt: Eine Person (in diesem Fall die Mutter) kauft ein Auto. Das Fahrzeug ist aber für eine andere Person (in diesem Fall den Sohn) bestimmt und wird auf diese zugelassen. In einem Urteil des BGH vom 29.06.2021 (Az. VI ZR 566/19) befassten sich die Richter mit der Frage, ob und wie in einer solchen Konstellation Ansprüche im Abgasskandal durchgesetzt werden können.

Im Prozess hatte der Sohn primär aus eigenem Recht, ersatzweise aber auch aus abgetretenem Recht der Mutter geklagt. Dabei verlangte er eine Rückabwicklung des Kaufs, ersatzweise eine Entschädigung. Diese Konstellation war wohl auch der anfangs noch unklaren Rechtslage geschuldet. Die Anwälte von VW sahen darin einen Formfehler. Die BGH-Richter bestätigten aber, dass diese Art der Eventual-Klagehäufung kein Problem darstellt.

BGH-Urteil: Schadensersatz für bereits verkauftes Auto

Das ursprüngliche BGH-Urteil im Abgasskandal sah eine Rückabwicklung des Kaufs vor. Daher ist dieses Modell inzwischen zum Standard bei Diesel-Klagen geworden. Eine solche Rückabwicklung ist aber nicht immer durchführbar. Das gilt insbesondere, wenn das Fahrzeug bereits verkauft wurde. Mit zwei solchen Fällen befasste sich der BGH am 20.07.2021 (Az. VI ZR 575/20 und VI ZR 533/20):

Die obersten deutschen Zivilrichter stellten dabei fest: Eine Rückabwicklung des Kaufs ist auch noch möglich, wenn das vom Abgasskandal betroffene Auto bereits verkauft wurde. Statt bei der Rückabwicklung das Fahrzeug abzugeben, muss sich der Kunde dabei den Verkaufspreis anrechnen lassen, den er erzielt hat. Voraussetzung ist allerdings ein marktgerechter Verkaufspreis. Gleichzeitig stellten die Richter fest, dass der Kläger eine „Wechselprämie“ behalten darf. Diese hatte ein anderer Hersteller bei der Inzahlungnahme eines Fahrzeugs zusätzlich zum marktüblichen Gebrauchtwagen-Preis angeboten.

Das Urteil könnte auch auf andere Fälle übertragbar sein, beispielsweise bei Totalschäden nach Unfällen. Dann dürfte an die Stelle der Rückgabe des Fahrzeugs die Anrechnung der Versicherungsleistung der Kasko-Versicherung treten. Neben der „Wechselprämie“ werden auch andere Bonus-Zahlungen bei Inzahlungnahme beim Kunden verbleiben.

BGH-Urteile zu Nachlieferung eines Nachfolgemodells

In vier Urteilen vom 21.07.2021 hat sich der BGH mit den Grenzen der Sachmängelhaftung im Abgasskandal beschäftigt. (Az. VIII ZR 254/20, VIII ZR 118/20, VIII ZR 275/19 und VIII ZR 357/20). Dabei stellten die Richter fest, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung einen Sachmangel darstellt, da der Entzug der Zulassung droht. Daher können die Kunden Ansprüche gegenüber dem Händler geltend machen, bei dem der Mogel-Diesel gekauft wurde.

Der BGH befasste sich vor allem mit der Frage, ob den Kunden eine sogenannte Nacherfüllung durch Nachlieferung einer mangelfreien Sache zusteht. Nach dem BGH-Urteil kann diese Nacherfüllung auch in Form eines sauberen Nachfolgemodells gefordert werden, sofern bereits eines auf dem Markt ist. Da bei der Nacherfüllung kein Wertersatz vorgesehen ist, erhält der Kunde dann ein fabrikneues Fahrzeug gegen Rückgabe seines Autos. Der BGH begrenzte diesen Anspruch aber auf 2 Jahre nach dem Kauf. Das entspricht der gesetzlichen Gewährleistungsfrist und länger reicht die Sachmängelhaftung des Händlers nicht.

In den verhandelten Fällen konnten die Kläger aber nicht von dem Urteil profitieren. Ihre Fahrzeuge mit EA 189-Motor waren zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits sieben beziehungsweise acht Jahre alt. Die Zahl der noch offenen, ähnlich gelagerten Verfahren ist außerdem gering. Das BGH-Urteil dürfte aber sehr attraktiv sein für vom Abgasskandal betroffene Kunden, die ihr fabrikneues Auto oder Wohnmobil in den letzten 24 Monate gekauft haben. Dasselbe gilt für Kunden, die in den letzten 12 Monaten einen Gebrauchtwagen bei einem Händler erworben haben – zumindest, wenn dieser nicht explizit darauf hingewiesen hat, dass das Fahrzeug in den Abgasskandal verwickelt ist.

Bei Gebrauchtwagen ist allerdings die Nacherfüllung schwierig, da sich kaum ein vergleichbares, gebrauchtes Nachfolgemodell finden lässt. Allerdings hat der BGH in seiner Pressemitteilung explizit auch auf die anderen Ansprüche aus der Sachmängelhaftung hingewiesen. Die Kunden können also eine Preisminderung oder eine Rückabwicklung verlangen. Der Vorteil ist: Bei der Haftung für Sachmängel kommt es nicht auf Vorsatz an. Es reicht schon, wenn eine illegale Abschalteinrichtung vorhanden ist.

In einem weiteren Urteil vom 8.12.2021 (VIII ZR 190/19) stellte der BGH ein paar Leitlinien für die Nacherfüllung auf. Demnach kann der Händler nicht einfach darauf verweisen, dass die Lieferung eines Nachfolgemodells eine unverhältnismäßige Alternative zum angebotenen Software-Update ist. Vielmehr muss er beweisen, dass das Update den Mangel „vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigt“. Außerdem muss er auch belegen, dass durch das Update keine neuen Nachteile entstehen, beispielsweise indem illegale Thermofenster eingebaut werden.

Außerdem stellte der BGH klar: Eine Zuzahlung durch den Kunden ist nur nötig, wenn der Listenpreis des Nachfolgemodells um mindestens ein Viertel höher ist als beim ursprünglich gekauften Modell. Und auch dann muss der Kunde nur ein Drittel der Preisdifferenz tragen, in Ausnahmefällen die Hälfte.

BGH-Urteil zu Schadensersatz bei Leasing

Weniger verbraucherfreundlich fiel ein BGH-Urteil vom 16.9.2021 (Az. VII ZR 192/20) aus. Demnach kann man beim Leasing eines vom Abgasskandal betroffenen Modells in der Regel keine Rückabwicklung verlangen. Das liegt daran, dass man beim Leasing lediglich für das Nutzungsrecht bezahlt. Das bedeutet aber auch: Würde ein solches Auto durch das Kraftfahrtbundesamt aufgrund von unzulässigen Abschalteinrichtungen stillgelegt, müsste man auch die Leasing-Rate nicht weiter bezahlen. Da das aber (noch) nicht geschehen ist, gibt es für Leasing-Nehmer nach Lesart des BGH auch keinen Schaden. Die Bundesrichter haben allerdings in der Urteilsbegründung Fälle angedeutet, in denen Betroffene trotzdem Schadensersatz bekommen können:

  • Die Zahlung einer Schlussrate kommt einem Kauf gleich. Daher kann man zumindest diesen Kauf am Ende der Leasing-Laufzeit rückabwickeln.
  • Wenn die Übernahme des Fahrzeugs zum Ende der Leasing-Laufzeit von Anfang an fest vereinbart ist, entspricht der ganze Vertrag faktisch einem Verkauf. Dann kann er wohl insgesamt rückabgewickelt werden.
  • Kann man einen konkreten Schaden nachweisen, darf man diesen auch geltend machen. Das ist ähnlich wie bei Betroffenen, die im Abgasskandal ihr Auto behalten wollen. Beispiel: Man kann belegen, dass man sich bewusst aufgrund der besseren Öko-Bilanz für ein teureres Modell (oder eine teurere Marke) entschieden hat.

Am 21.4.2022 bestätigte der BGH seine Rechtsauffassung noch einmal (VII ZR 247/21, VII ZR 285/21, VII ZR 783/21). Auch in diesen drei Verfahren sahen die Richter keinen Fall, in dem von Anfang an ein Verkauf am Ende des Leasing-Zeitraums fest vereinbart war.

BGH-Urteil zum Rücktritt vom Kaufvertrag

In einem Urteil vom 29.9.2021 (Az. VIII ZR 111/20) hat der BGH festgestellt, dass die Gerichte bei einem Rücktritt vom Kaufvertrag genauer hinsehen müssen. Es ging dabei um ein Fahrzeug, bei dem die Gewährleistungsfrist noch nicht abgelaufen war. Der Käufer erklärte (ohne eine Frist zur Nachbesserung zu setzen) gegenüber dem Händler den Rücktritt vom Vertrag.

Die BGH-Richter stellten dazu fest, dass sich ein unabhängige Händler dabei nicht die Arglist des Herstellers zurechnen lassen muss. Außerdem können die Gerichte nicht einfach annehmen, dass der Hersteller auch zukünftig nicht als vertrauenswürdig angesehen werden kann, sodass das angebotene Software-Update unzumutbar wäre. Außerdem bemängelte der BGH, dass im bisherigen Prozessverlauf nicht geprüft worden war, ob das Software-Update zu weiteren Nachteilen führen wird.

Der Fall wurde daher an das Berufungsgericht (OLG Köln) zurückverwiesen. Das Gericht muss nun detailliert klären, ob die Mängelbeseitigung durch das vom Hersteller angebotene Software-Update unzumutbar ist.

Grundsätzlich dürfte sich das Urteil auf alle Formen der Gewährleistung auswirken, z.B. auch auf die Nachlieferung eines Nachfolgemodells. Die besten Karten hat man dabei weiterhin, solange es kein Software-Update gibt, denn dann ist die Nachbesserung nicht möglich. Alternativ kann man aber auch vom Hersteller eine Rückabwicklung fordern. Das ist unabhängig vom Gewährleistungsrecht, weshalb es auch keine Möglichkeit zur Nachbesserung gibt.

BGH zu Autokredit mit Rückgaberecht

In einem Urteil vom 16.12.2021 (VII ZR 389/21) beschäftigte sich der BGH mit der Frage, ob das Recht auf Schadensersatz erlöscht, wenn der Kunde ein vertraglich vereinbartes Rückgaberecht nicht ausübt. Der Kunde hatte seinen Audi A4 über einen Kredit der Audi-Bank finanziert. Dabei wurde vereinbart, dass er am Ende der Laufzeit der Finanzierung sein Auto zu einen fest vereinbarten Preis zurückgeben kann. Der Kunde behielt aber sein Auto und zahlte (nach Bekanntwerden des Abgasskandals) die Schlussrate.

Nach dem Urteil des BGH ändert das nichts am Schadensersatzanspruch des Kunden. Dem Käufer steht es frei, seinen Schadensersatz durchzusetzen, statt sich durch die Rückgabe möglicherweise wirtschaftlich schlechter zu stellen. Außerdem ist ein solcher Kredit auch nicht mit einem Leasing vergleichbar.

BGH-Urteil zu Zulassungskosten und Zubehör

In einem Urteil vom 16.11.2021 (VI ZR 291/20) befasste sich der BGH mit den mit einem Fahrzeugkauf verbundenen Nebenkosten. Der Kläger hatte 2014 einen Skoda Yeti gekauft, der vom Abgasskandal betroffen war. Im Rahmen der Rückabwicklung machte er nicht nur den reinen Kaufpreis geltend, sondern auch die Kosten für Zulassung und Überführung sowie den Preis der zusätzlich gekauften Winterreifen (jeweils abzüglich Nutzungsentschädigung). Der Motorhersteller wollte zur Berechnung der zu zahlenden Erstattung aber nur den reinen Kaufpreis heranziehen. Der BGH gab dem Kläger Recht.

Überführung, Zulassung und Zubehör werden daher zukünftig bei der Berechnung der Erstattung zu Gunsten der Kunden berücksichtigt. Gerade für die Besitzer von Wohnmobilen, die ihre Fahrzeuge oft mit (maßgeschneiderter) Zusatzausstattung nachrüsten, ist das eine gute Nachricht. Verbrauchskosten (beispielsweise für’s Tanken) kann der Kunde dagegen nicht geltend machen.

BGH-Urteile zu Folgeschäden

In einem BGH-Urteil vom 21.12.2021 (VI ZR 455/20) sprachen die Richter dem Kläger auch Schadensersatz für zukünftige Schäden zu. Der Kunde hatte angeführt, dass ihm voraussichtlich im Rahmen der Rückabwicklung noch Transport-, Stand- sowie An- und Abmeldekosten in unbekannter Höhe entstehen können. Der BGH sprach ihm zu, dass er ein berechtigtes Feststellungsinteresse hat und er diese Kosten vom Hersteller verlangen kann.

In einem anderen BGH-Urteil vom 30.7.2020 (VI ZR 397/19) waren den Richtern die Forderungen des Klägers noch zu unspezifisch.

BGH-Beschluss: Keine Staatshaftung im Abgasskandal

Nach einem BGH-Beschluss vom 10.2.2022 (III ZR 87/21) haftet das KBA nicht für ungewollte Käufe von Fahrzeugen, die vom Dieselskandal betroffen sind. Damit muss der Staat keinen Schadensersatz leisten.

BGH-Beschluss zum BMW-Abgasskandal

Im BMW-Abgasskandal ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Eine erste BGH-Entscheidung (Beschluss vom 21.3.2022, VIa ZB 4/21) deutet aber in eine verbraucherfreundliche Richtung: Die Richter kassierten eine Entscheidung des OLG Koblenz, nach der eine Berufung gegen ein negatives Landgerichts-Urteil gar nicht erst angenommen wurde.

BGH-Urteil zu Feststellungsklage

Mit einer Feststellungsklage kann man Ansprüche grundsätzlich durch ein Gericht bestätigen lassen ohne bereits eine konkrete (finanzielle) Forderung zu stellen. Das bietet sich insbesondere dann an, wenn ein Schadensereignis noch nicht abgeschlossen ist und daher der Schaden noch nicht beziffert werden kann.

In einem Urteil vom 2.5.2022 (VIa ZR 122/21) legte der BGH jedoch fest, dass das im Abgasskandal nicht ohne weiteres möglich ist. Der Grund dafür ist, dass im Dieselskandal in der Regel auch eine Leistungsklage zumutbar ist. So stehen beim „großen Schadensersatz“ (Rückabwicklung) im Prinzip alle Parameter für die Berechnung der Entschädigung fest. Und auch beim „kleinen Schadensersatz“ (Auto behalten und Entschädigung kassieren) liegt es am Kunden, seinen Schaden zu konkretisieren.

Andererseits kann eine Leistungsklage durchaus durch ein Feststellungsinteresse ergänzt werden, wie das ältere BGH-Urteil zu Folgeschäden zeigt.

BGH-Urteil zu ausländischen MyRight-Kunden

In einem BGH-Urteil vom 13.6.2022 entschieden die Richter, dass MyRight Sammelklagen grundsätzlich auch für Schweizer Kunden erheben kann. Besondere Sachkunde im schweizer Recht oder eine Inkasso-Zulassung in der Schweiz sind dazu nicht nötig. (VIa ZR 418/21)

FAQ zum BGH-Urteil gegen VW

Wie sieht der Schadensersatz laut BGH-Urteil aus?
In dem verhandelten Fall gab es keine Entschädigung, sondern eine Rückabwicklung. Der Kunde gibt also sein Auto ab und bekommt den Kaufpreis erstattet.

Bekomme ich den vollen Kaufpreis erstattet?
Das BGH-Urteil hat sich der Meinung vieler OLG angeschlossen und zieht vom Kaufpreis eine Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer ab. Wie viel das in Ihrem Fall ist, können Sie mit unserem Entschädigungs-Rechner bestimmen.

Gilt das BGH-Urteil für alle Diesel?
Streng genommen gilt es nur für VW-Modelle mit EA189-Motor. Zusammen mit dem EuGH-Urteil können aber die meisten Diesel-Fahrer eine Rückabwicklung verlangen.

Muss VW Zinsen zahlen?
Laut BGH-Urteil fallen keine Strafzinsen an. Der Hersteller muss erst ab Klageeinreichung Zinsen zahlen.

Bekommen auch Vielfahrer Schadensersatz?
Da bei der Rückgabe die gefahrenen Kilometer angerechnet werden, sieht es ab ca. 250.000 km schlecht aus. Über eine pauschale Entschädigung hat der BGH aber nicht entschieden. Noch bessere Chancen hat man möglicherweise mit dem Widerruf der Autofinanzierung.

Autoren

Markus Klamert ist Inhaber der Kanzlei Klamert & Partner aus München. Als Anwalt ist er Spezialist für Wirtschaftsrecht, Kapitalanlagerecht und Stiftungsrecht. Zusammen mit Rechtecheck hat er bereits tausenden Verbrauchern im Dieselskandal und beim Autokredit-Widerruf geholfen.

Robert hat als Diplomkaufmann und Wirtschaftsingenieur nicht nur die besten Voraussetzungen dafür, den reibungslosen Ablauf der Webseite sicherzustellen, sondern auch den perfekten Background, um vor allem komplexe Wirtschafts-Themen nutzerfreundlich und nachvollziehbar aufzubereiten. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Abgasskandal, Geldanlage, Kreditrecht, Flugrecht und Versicherung. Nach seinem Ausscheiden bei RECHTECHECK wechselte Robert zur Nürnberger Werbeagentur BESONDERS SEIN.

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