Sowohl für den Schienenverkehr als auch für den Busverkehr hat die Europäische Union Verordnungen für Fahrgastrechte verabschiedet. Für den Schienenverkehr trat die Eisenbahn-Fahrgastrechte-Verordnung Nr. 1371/2007 am 03. Dezember 2009 in Kraft. Am 01. März 2013 folgte die Verordnung Nr. 181/2011 über Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr.
Verordnungen der Europäischen Union gelten in jedem Mitgliedsland der EU und entfalten ihre Wirkung direkt gegenüber dem Bürger. Es bedarf dabei keine extra Gesetze in Deutschland, sondern der deutsche Bürger kann sich unmittelbar auf die Rechte aus der jeweiligen Verordnung berufen.
Bahnverspätung: Erstattung erleichtert
Die Rechte aus der Eisenbahn-Fahrgastrechte-Verordnung sind für alle Züge innerhalb Deutschlands und Europas gültig. Es kommt nicht darauf an, von welchem Bahnunternehmen sie betrieben werden. Verspätungen oder Annullierungen von U-Bahnen oder Straßenbahnen umfasst diese Verordnung hingegen nicht.
Bereits bei einer zu erwartenden Bahnverspätung von 20 Minuten am Zielbahnhof kann der Fahrgast einen anderen Zug oder eine andere Strecke wählen oder einen anderen nicht reservierungsbedürftigen Zug nutzen. Bei einem tariflich hochwertigeren Zug muss der Fahrgast dabei zunächst die erforderliche Fahrkarte bezahlen und kann die Kosten dann von dem Bahnunternehmen als Bahn Verspätung Erstattung geltend machen. Es gilt bei einer 60-Minuten-Bahn-Verspätung: Erstattung von 25 % des gezahlten Fahrpreises. Bei einer erwarteten Verspätung von mehr als 120 Minuten am Zielbahnhof sind es 50 % für die Bahn Verspätung. Erstattung erhält der Fahrgast entweder in Form eines Gutscheins oder der Auszahlung des Geldbetrags. Welche Erstattung der Fahrgast bevorzugt, kann er selbst entscheiden.
Sollten Sie keine Lust auf den lästigen Papierkram und das Ausfüllen der Formulare haben, können Sie mit Hilfe von RefundRebel an Ihre Erstattung kommen. Das Fahrgastrechteformular müssen Sie nicht mehr ausfüllen und Sie können alles bequem per E-Mail abschicken. Nachdem RefundRebel für Sie bei DB oder einem anderen Zugunternehmen „rebelliert“ hat, wird Ihnen Ihr Geld überwiesen.
Bahnverspätung: Erstattung von Übernachtungen oder anderen Verkehrsmitteln
Dem Fahrgast müssen Kosten für andere Verkehrsmittel (wie beispielsweise Taxi oder Bus) bis zu einer Höhe von 80,00 Euro ersetzt werden, wenn:
- Der Zug eine planmäßige Ankunftszeit zwischen 0:00 Uhr und 5:00 Uhr hat.
- Es jedoch zu einer zu erwartenden Verspätung von mehr als einer Stunde kommt.
- Oder wenn: Ein letzter planmäßiger Zug ausfällt und der Zielbahnhof daher nicht mehr – wie vorgesehen – vor 0.00 Uhr zu erreichen ist.
Ist die Bahnverspätung derart gravierend, dass eine Fortsetzung der Fahrt am selben Tag entweder nicht mehr möglich oder dem Fahrgast nicht mehr zuzumuten ist, so gilt für die Erstattung bei Bahn-Verspätung: Das Bahnunternehmen muss dem Fahrgast als Schadensersatz eine Übernachtung bezahlen.
Beide Varianten gelten nicht, wenn das Bahnunternehmen selbst Verkehrsmittel bzw. Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt und der Kunde mit dem Unternehmen problemlos Kontakt aufnehmen kann. Die Nutzung der von dem Bahnunternehmen zur Verfügung gestellten Varianten hat Vorrang vor selbst organisierten Alternativen.
Fernbus Verspätung: Stornierung und weiterer Schadensersatz bei Fernreisen
Die Rechte der Fahrgäste bei einer Fernbus-Verspätung sind in der EU-Fahrgastrechteverordnung 181/2011 geregelt. Im Gegensatz zu einer Erstattung bei Bahnverspätung hat der Fahrgast eines Fernbusses ausschließlich dann Schadensersatz-Rechte, wenn die Fernbus-Verspätung aus der verspäteten Abfahrt vom Abfahrtsbahnhof resultiert. Kommt der Fernbus während der Fahrt in einen Stau, der die Fernbus-Verspätung zur Folge hat, stehen dem Fahrgast keine Rechte auf Schadensersatz, Rückerstattung oder Stornierung zu. Der Grund dafür ist, dass das Fernbus-Unternehmen – im Gegensatz zur Bahn – nichts für einen Stau auf der Strecke kann.
Bei einer Fernbus-Verspätung von mehr als 90 Minuten für eine Fahrt, die mindestens drei Stunden dauern soll, muss das Busunternehmen den Fahrgästen kostenlose Mahlzeiten oder Erfrischungsgetränke anbieten. Kommt eine Weiterbeförderung am selben Tag nicht mehr in Betracht, hat das Busunternehmen ein Hotel und den nötigen Transport dorthin zu organisieren. Im Gegensatz zur Erstattung bei Bahnverspätung entfällt der Anspruch auf Schadensersatz aber, wenn als Grund für die Fernbus-Verspätung höhere Gewalt vorliegt, wie etwa Unwetter oder Naturkatastrophen.
Für die Bahnunternehmen hat der europäische Gerichtshof hingegen entschieden, dass Fahrgastansprüche auch bei höherer Gewalt bestehen bleiben (EuGH, Urteil vom 26. 9. 2013 – C-509/11). Im Gegensatz zur Bahnverspätungs-Erstattung muss ein Busunternehmen im Fall einer Übernachtung lediglich 80,00 Euro Schadensersatz leisten. Für einen gegebenenfalls höheren Preis muss der Fahrgast selbst aufkommen.
Ist der Fernbus überbucht, wurde annulliert oder kommt es zu einer Fernbus Verspätung von mehr als 120 Minuten, kann der Fahrgast eine Stornierung vornehmen und den Fahrpreis für die gebuchte Tour zurückverlangen. Wird die Fahrt innerhalb der gebuchten Tour abgebrochen, kann der Reisende die Rückfahrt zum Abfahrtsort als Schadensersatz verlangen.
Für die Rückerstattung nach Bahnverspätung an das Unternehmen wenden
Fahrgäste müssen sich im Fall einer Erstattung für Bahn Verspätung, einer Stornierung oder hinsichtlich einer Schadensersatz-Forderung zunächst an das jeweilige Eisenbahnunternehmen wenden. Dabei stellt beispielsweise die deutsche Bahn ein gemeinsames Formular mit dem Tarifverband deutscher Eisenbahnunternehmen zur Verfügung. Busfahrgäste haben sich bei einer Fernbus Verspätung, Stornierung oder Schadensersatz-Forderung ebenfalls an den jeweiligen Fernbusbetreiber zu wenden. Musterschreiben zu diesem Thema bietet beispielsweise SmartLaw * an.
Reagieren die jeweiligen Unternehmen nicht auf die Forderungen der Fahrgäste, können diese sich an unabhängige und neutrale Schlichtungsstellen – wie beispielsweise die bundesweit arbeitende Schlichtungsstelle öffentlicher Personenverkehr (söp) – wenden. Die dortigen Mitarbeiter prüfen die Beschwerden der Fahrgäste und erarbeiten einen Schlichtungsvorschlag. Das Vorgehen mittels der söp ist für den Fahrgast kostenfrei.
Übrigens: Die Ansprüche aus einer Bahnverspätung verjähren i.d.R. erst nach 3 Jahren. Die Frist beginnt dabei erst am Ende des Jahres zu laufen, in dem die Verspätung aufgetreten ist.
Quelle: EuGH, söp
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