Volkswagen und Verbraucherzentrale haben sich in der Diesel-Musterfeststellungsklage auf einen Vergleich geeinigt. Der VZBV bezeichnete das VW-Vergleichsangebot als „nicht großzügig“, sah es aber offenbar für sich als annehmbar an. Viele Verbraucher profitieren allerdings nicht vom VW-Vergleich:
- Viele Kunden werden zum VW-Vergleich nicht zugelassen.
- Andere Diesel-Fahrer sind zwar „qualifizierte Anmelder“, sie sollten aber das VW-Vergleichsangebot ablehnen, weil es für sie unattraktiv ist.
Für beide Gruppen erklären wir in diesem Artikel, wie sie nach der Ablehnung des VW-Vergleichs weitermachen sollten.
Wer ist vom VW-Vergleich ausgeschlossen?
Grundsätzlich gilt das VW-Vergleichsangebot nur für sogenannte „qualifizierte Anmelder“. Alle anderen Kunden sind vom VW-Vergleich ausgeschlossen. Nach der Rahmenvereinbarung zwischen VW und VZBV sind qualifizierte Anmelder Verbraucher, die alle der folgenden Bedingungen erfüllen:
- (i) Erwerb eines Fahrzeugs mit einem Motor des Typs EA 189 EU5 oder EU6, in dem eine vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) oder funktionsgleichen ausländischen Behörden als unzulässig eingeordnete Abschalteinrichtung verbaut war oder ist (betroffenes Fahrzeug), vor dem 1. Januar 2016,
- (ii) zum Zeitpunkt des Erwerbs Wohnsitz in Deutschland
- (iii) sofern für dasselbe Fahrzeug mehrere Anmeldungen zum Klageregister vorliegen, ist der betreffende Verbraucher der letztmalige Erwerber vor dem 1. Januar 2016
- (iv) Anmeldung von vermeintlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit dem Erwerb eines betroffenen Fahrzeugs bis zum 29. September 2019 zum Klageregister, Aktenzeichen 4 MK 1/18 und keine Rücknahme der Anmeldung
- (v) keine vorherige Abtretung ihrer behaupteten Ansprüche gegen Volkswagen an Dritte
- (vi) kein vorheriges rechtskräftiges Urteil und kein vorheriger abgeschlossener Vergleich über ihre behaupteten Ansprüche
(Der kursive Text ist wörtlich aus der Rahmenvereinbarung zitiert.)
Damit bekommen insbesondere folgende Gruppen kein Vergleichsangebot von VW:
- Kunden mit einem anderen Motor, beispielsweise dem EA288 sowie alle Besitzer von Diesel-Fahrzeugen, die nicht von den Marken VW, Audi, Seat oder Skoda stammen.
- Viele Ausländer (z.B. auch Österreicher und Schweizer) oder im Ausland lebende Deutsche.
- Vorbesitzer von Gebrauchtwagen, wenn sich spätere Besitzer auch ins Klageregister eingetragen haben.
- Kunden, die sich nicht in das Klageregister eingetragen haben, die ausgetragen wurden oder die ihre Ansprüche an Dritte (z.B. MyRight) abgetreten haben.
- Kunden, die ihren Mogel-Diesel erst 2016 oder später gekauft haben.
- Besitzer von Firmenwagen. (Das VW-Vergleichsangebot gilt für Verbraucher, nicht für Unternehmer.)
Diese Kunden wurden angeblich direkt informiert, dass sie für den Einzelvergleich mit VW nicht infrage kommen. Allerdings ist nicht sicher, dass auch alle abgelehnten Kunden diese Information zugestellt bekommen können.
Wer sollte das VW-Vergleichsangebot ablehnen?
Grundsätzlich lässt sich nicht pauschal sagen, ob man das VW-Vergleichsangebot ablehnen oder annehmen sollte. Die betroffenen Kunden sollten zunächst prüfen, wie viel sie mit einer individuellen Klage bekommen können und das Ergebnis dem VW-Vergleichsangebot gegenüberstellen. Daneben kommt es auch darauf an, ob der Diesel-Besitzer eine Einzelklage selbst finanzieren muss oder ob seine Rechtsschutzversicherung bzw. eine Prozessfinanzierung einspringt. Da das VW-Vergleichsangebot Pauschalen vorsieht, die vom Modell und dem Baujahr abhängen, während die Rückerstattung bei den bisherigen Diesel-Urteilen i.d.R. vom Kaufpreis und den gefahrenen Kilometern abhängt, kann man aber folgendes sagen: Kunden sollten tendenziell eher das VW-Vergleichsangebot ablehnen, wenn
- das Fahrzeug wenige Kilometer gefahren wurde,
- es sich um ein älteres Baujahr handelt,
- der Kaufpreis im Vergleich zum Basismodell relativ hoch war.
Die Anwälte, mit denen Rechtecheck kooperiert, haben inzwischen hunderte VW-Vergleichsangeboten geprüft. Dabei zeigte sich, dass die Vergleichszahlungen oft deutlich schlechter sind als das, was mit einer individuellen Diesel-Klage erreicht werden kann.
Was kann man nach der Ablehnung des VW-Vergleichs tun?
Rechtlich gesehen braucht man den VW-Vergleich gar nicht ablehnen: Es reicht, wenn man das Vergleichsangebot von Volkswagen nicht annimmt. Egal, ob ein Kunde das Angebot nicht annimmt oder ob er vom VW-Vergleich ausgeschlossen ist: Nach der Rücknahme der Klage durch die VZBV endet die Musterfeststellungsklage für ihn ohne ein Urteil. Ohne eine individuelle Klage gibt es für diese Kunden kein Geld von VW. Die gute Nachricht nach der Ablehnung des VW-Vergleichs:
- Wer in das Klageregister eingetragen war, ist nach dem Ende der Musterfeststellungsklage 6 Monate vor der Verjährung im Dieselskandal geschützt.
- Rechtecheck unterstützt Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte: Wir vermitteln nicht nur einen Anwalt mit Erfahrung im Abgasskandal, sondern bei Bedarf in vielen Fällen auch eine Prozessfinanzierung. Außerdem können Sie bei uns ihre Ansprüche kostenlos und unverbindlich berechnen.
Ablehnung VW-Vergleich: FAQ
Wer ist vom VW-Vergleich ausgeschlossen?
Zehntausende Kunden sind vom VW-Vergleichsangebot ausgeschlossen, u.a. Ausländer und Kunden mit dem „falschen“ Motor. Eine genaue Übersicht gibt es hier.
Wer sollte den VW-Vergleich ablehnen?
Jeder Kunde sollte durchrechnen, was ihm bei einer Individualklage zusteht, z.B. hier. Tendenziell lohnt sich die Ablehnung des VW-Vergleichsangebots eher bei niedrigem Kilometerstand und hochwertiger Ausstattung.
Muss ich mich nach der Ablehnung des VW-Vergleichs beeilen?
Wer in das Klageregister eingetragen war, ist 6 Monate lang vor Verjährung geschützt. Man sollte aber trotzdem schnell reagieren, um z.B. noch rechtzeitig eine Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung einzuholen.
Was bekommt man ohne den VW-Vergleich?
Gerichte sprechen den Kunden meist etwa 15% Schadensersatz oder eine Rückabwicklung zu.
Robert hat als Diplomkaufmann und Wirtschaftsingenieur nicht nur die besten Voraussetzungen dafür, den reibungslosen Ablauf der Webseite sicherzustellen, sondern auch den perfekten Background, um vor allem komplexe Wirtschafts-Themen nutzerfreundlich und nachvollziehbar aufzubereiten. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Abgasskandal, Geldanlage, Kreditrecht, Flugrecht und Versicherung. Nach seinem Ausscheiden bei RECHTECHECK wechselte Robert zur Nürnberger Werbeagentur BESONDERS SEIN.
Markus Klamert ist Inhaber der Kanzlei Klamert & Partner aus München. Als Anwalt ist er Spezialist für Wirtschaftsrecht, Kapitalanlagerecht und Stiftungsrecht. Zusammen mit Rechtecheck hat er bereits tausenden Verbrauchern im Dieselskandal und beim Autokredit-Widerruf geholfen.