Mit dem Ziel den Feinstaubgehalt in der Luft zu senken, wurde in Deutschland die Feinstaubplakette für Umweltzonen eingeführt. Doch Stickoxide sind ebenfalls ein Problem für Anwohner und Passanten. Dagegen werden Fahrverbote für Kraftfahrzeuge, vor allem Diesel-Autos, festgelegt. Kraftfahrzeuge werden auf Basis ihrer Abgasemissionen in sechs Schadstoffklassen unterteilt. Von Fahrverboten sind bisher hauptsächlich die Schadstoffklassen bis einschließlich Euro 4 oder Euro 5 betroffen. Diesel (und Benziner) mit den Schadstoffklassen Euro 6 bis Euro 6d dürfen fast überall reinfahren. Zu welcher Schadstoffklasse ihr Fahrzeug gehört, sehen sie in ihrem Fahrzeugschein. Achtung: Die Ziffer auf der Feinstaubplakette bezieht sich entgegen der weitverbreitenden Meinung nicht auf die Euro Abgasnorm ihres Autos!
In Deutschland sind vom Diesel-Fahrverbot derzeit in jedem Fall Autos mit den Abgasnormen Euro 1 bis Euro 4 betroffen, teilweise auch schon Diesel Euro 5 Fahrzeuge, sowie Benzin Euro 1 und Euro 2.
Einige deutsche Städte, mit Hamburg als Spitzenreiter, haben Fahrverbote bereits umgesetzt. Wir informieren Sie über die Situation in folgenden Städten:
Die Maßnahmen haben inzwischen auch Wirkung gezeigt: Im Jahr 2020 gab es nur noch in 6 Städten Messstationen, an denen die Stickoxid-Grenzwerte überschritten wurden: Hamburg, München, Stuttgart, Ludwigsburg, Darmstadt und Limburg an der Lahn.
Gesetzliche Vorgaben erlauben viel Spielraum bei Diesel-Fahrverboten
1999 haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Empfehlungen der WHO eine Richtlinie festgesetzt: Bis zum Jahr 2010 sollte der Stickoxid -Jahresmittelwert auf maximal 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) sinken. In Folge einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hat das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2018 Fahrverbote für bestimmte Fahrzeuge, insbesondere Diesel-Fahrverbote, erlaubt. Die Umsetzung hängt allerdings von den jeweiligen Regionen und Städten ab, denn eine einheitliche, bundesweite Regelung gibt es dafür nicht.
Bei Gesetzgebung und Gerichtsurteilen spielt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine große Rolle. So gilt ein Diesel-Fahrverbot nur als verhältnismäßig, wenn es “die einzig geeignete Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte“ ist. Zu diesem Prinzip zählen auch Ausnahmeregelungen für bestimmte Personengruppen oder die Gestattung einer Übergangszeit zur Nachrüstung der Dieselfahrzeuge. Viele Städte nutzen dies, um ein Diesel-Fahrverbot zu vermeiden. Stattdessen werden beispielsweise Tempolimits eingesetzt. Des Weiteren hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass im Gegensatz zu Einzelstrecken, eine Sperrung ganzer Zonen nur gestattet ist, wenn diese phasenweise und gestaffelt nach Schadstoffklasse eingeführt wird. So gelten beispielsweise Verkehrsverbote für Euro-6-Diesel erst ab 1. September 2021 als verhältnismäßig.
Diesel oder Benzin – Ist Ihr Auto von Fahrverboten betroffen?
Betroffen von dieser Einschränkung sind je nach Stadt alle Dieselfahrzeuge der Abgasnormen Euro 1, Euro 2, Euro 3 und Euro 4, teilweise auch schon Euro 5, sowie Fahrzeuge mit Ottomotoren der Klassen Euro 1 und Euro 2.
Ausnahmen vom Diesel-Fahrverbot gibt es überwiegend, wenn ganze Gebiete gesperrt sind, denn diese schränken das Leben mehr ein und haben größere wirtschaftliche Folgen als ein Einzelstreckenverbot. Ausgeschlossen vom Verbot sind allgemein Einsatzfahrzeuge, Maschinen, Kraftfahrzeuge zur Beförderung schwerbehinderter Menschen sowie Oldtimer mit H-Kennzeichen. Wenn sich das Fahrverbot in Umweltzonen noch verschärft, können auch betroffene Anwohner und Gewerbebetriebe wie Handwerker damit rechnen eine Ausnahmeregelung zu bekommen. Allerdings werde sie diese selbst bei der Stadt beantragen müssen.
Bis 2021 sind sie mit einem Kraftfahrzeug der Diesel Abgasnorm Euro 6, Euro 6 d temp und 6d-TEMP-EVAP, sowie Benzin Euro 3 sicher vor einem Fahrverbot. Dies könnte sich ab dem 1. September 2021 jedoch ändern. Ab diesem Zeitpunkt ist ein Fahrverbot für Diesel Euro 6 Autos nämlich laut Bundesverwaltungsgericht möglich. Wenn Sie also Ihr Auto nachrüsten wollen, wären Sie bei heutigem Stand erst mit einem Diesel-Pkw mit Abgasstandard Euro 6d auf der sicheren Seite. Diese sind im Gegensatz zu Euro 6a bis Euro 6c auch im Realbetrieb sauber. Eine umweltfreundlichere Alternative dazu wäre es, auf Hybride oder Elektroautos wechseln. Diese sind von allen Fahrverboten ausgeschlossen.
Update: Durch verschiedene andere Maßnahmen der Städte und nicht zuletzt durch weniger Verkehr in der Corona-Krise sind die Stickoxid-Messwerte an den meisten Messstandorten zurückgegangen. Fahrverbote für Euro 6-Diesel sind daher nach unseren Informationen aktuell nicht geplant.
In diesen Städten gelten Diesel-Fahrverbote
In folgenden Städten Deutschlands gelten bereits Diesel-Fahrverbote . Die spezifischen Daten zu den jeweiligen Städten und den betroffen Fahrzeugklassen finden Sie in unserer Übersichtstabelle.
Die Hauptstadt Berlin führt Diesel-Fahrverbote und Tempolimits ein
Seit Ende 2019 hat die Hauptstadt Berlin Diesel-Fahrverbote an Teilstrecken von acht Straßen eingeführt. Zusätzlich sollten rund 30 Tempo-30-Zonen unter anderem in der Sonnenallee, am Spandauer Damm, der Torstraße, der Invalidenstraße, der Turmstraße, am Mariendorfer Damm und am Mehringdamm eingerichtet werden. Bis jetzt ist die Umweltzone innerhalb des S-Bahn-Rings keine Diesel-Verbotszone. Bei schlechten Messwerten kann dies jedoch in Zukunft eingeführt werden. Neben stichprobenartigen Kontrollen richtet die Polizei zwei-mal wöchentlich Kontrollstellen ein.
Hamburg – die erste deutsche Stadt sperrt zwei Straßen für Diesel-Autos
Seit dem 1. Juni 2018 sind Teilstrecken der Max-Brauer-Allee und der Stresemannstraße für Diesel-Fahrzeuge mit Euro 5 oder schlechter gesperrt. Des Weiteren prüfen die Behörden seit Ende 2019 rund 200 Einzelstrecken, insbesondere vor Kindertagesstätten, Schulen und Seniorenheimen, mit dem Ziel mehr Tempo-30- Zonen einzuführen. Die Hamburger Polizei kontrolliert durch bewusste Schwerpunkteinsätze und Einzelkontrollen. Der Innenbehörde zufolge gab es bis zum Ende des Jahres 2018 246 Verstöße gegen das neue Diesel-Fahrverbot.
Darmstadt – 12 000 Diesel Fahrer verstoßen gegen das Diesel-Fahrverbot
Genau ein Jahr nach der Einführung des Diesel Fahrverbotes in Hamburg hat auch Darmstadt den Diesel und LKW-Verkehr auf Teilstrecken der Hügelstraße und auf der Heinrichstraße verboten. Geprüft wird das Einhalten des Verbotes nicht spezifisch. Werden Rotlichtsünden oder Geschwindigkeitsüberschreitungen durch Blitzer aufgenommen, wird zusätzlich die Schadstoffklasse der Fahrzeuge überprüft. Durch diese Maßnahmen wurden innerhalb von sieben Monaten über 12 000 Verstöße in Darmstadt verzeichnet. Weitere Maßnahmen der Stadt, um unter dem vorgeschriebenen Abgas-Grenzwert zu bleiben sind der Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes, sowie die Nachrüstung der Busse des ÖPVN.
Streckensperrung für Diesel und Benzin auch bald in Mainz
In Mainz sollte ab dem 1. Juli 2020 ein Verkehrsverbot in Kraft treten. Dieses sollte von der Rheinstraße (Höhe Holzhofstraße) bis zur Rheinallee (Höhe Neue Feuerwache) gelten. Den Angaben der Stadt zufolge wären rund 24 000 Diesel und Benzin Fahrzeuge betroffen gewesen. Nachdem die Stickoxid-Werte auch ohne Fahrverbote zurückgegangen sind, wurden die Pläne aber wieder aufgegeben.
Außerdem wurden ein allgemein gültiges Tempolimit von 30 km/h auf der Rheinachse, der Parcus- und der Kaiserstraße festgelegt. Der Polizei in Mainz zufolge werden vorraussichtlich erstmal keine extra Kontrollen an der Strecke stattfinden.
Seit 2020 gibt es auch ein Diesel-Fahrverbot in Stuttgart
Aufgrund Ihrer Kessellage hat Stuttgart von vornherein ein großes Problem mit Feinstaub. Aber besonders die schädlichen Stickoxide bereiten Probleme. 2018 hatte Stuttgart die höchsten Schadstoff-Messwerte Deutschlands. So führte die Stadt eines der weitreichendsten Verkehrsverbote des Landes ein. Betroffen ist das ganze Stuttgarter Stadtgebiet und Teilstrecken der B14 und B27. Die Polizei führt tägliche Fahrzeugkontrollen durch. Zusätzlich wird auch durch die städtische Verkehrsüberwachung das Einhalten des Fahrverbotes überprüft.
Tempolimits statt Diesel-Fahrverboten in manchen Städten
In einigen deutschen Städten wurden die bereits festgesetzten Diesel- Fahrverbote von ihren Landesgerichten als nicht verhältnismäßig oder rechtswidrig angesehen. Grund dafür sind NO/ NO2 -Messwerte, die nahe dem Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter liegen, sodass das Abgasziel laut den jeweiligen Städten durch weniger eingreifende Maßnahmen erreicht werden kann. So mussten die folgenden Städte keine Diesel-Verbotszonen aufstellen, wurden jedoch durch gerichtliches Urteil dazu aufgefordert, ihre Luftreinhaltepläne zu erneuern. Verbessern sich die jeweiligen Messwerte jedoch nicht innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre, könnte ein Diesel-Fahrverbot für die bereits festgelegten Zonen und Einzelstrecken in Kraft treten.
Durch Tempolimits möchte Bonn ein Fahrverbot verhindern
Die Stadt Bonn hat sich vor dem Diesel-Verbot erfolgreich gedrückt, führt aber eine Tempo-30-Zone auf der Reuterstraße ein. Außerdem soll eine
Ampelsteuerung im Bereich der Autobahnabfahrt Poppelsdorf den Zufluss regeln. In Zukunft könnte es aber sein, dass im „Alleenring“ von Bonn ein Diesel-Fahrverbot eingeführt wird.
Vorerst keine Einschränkung für Dieselautos in Essen
In Essen wird bis mindestens 2021 kein Diesel-Fahrverbot eingeführt. Stattdessen versuchen sie mit ihrem Luftreinehalteplan (beispielsweise die Einführung einer Umweltspur) die Werte bis dahin zu reduzieren. Falls dies keinen Erfolg zeigt, werden womöglich die bereits diskutierten Verbotszonen der Essener Stadtteile als „blaue Umweltzone“, sowie ein Einzelstreckenverbot auf Teilstrecken der A 40, in Kraft treten.
Frankfurt vermeidet eine Diesel-Fahrverbot mit Bus und Bahn
Wenn die vorgegeben Grenzwerte nicht erreicht werden, könnte ein Fahrverbot in Frankfurt am Main im Jahr 2021 eingeführt werden. Betroffen wäre wahrscheinlich die gesamte Umweltzone. Um die Verbotszone zu vermeiden, setzt die Stadt insbesondere auf öffentliche Verkehrsmittel: Straßenbahn- und U-Bahnlinien werden ausgebaut und es werden Elektrobusse angeschafft.
Erstmals nur ein LKW-Fahrverbot in Gelsenkirchen
Auch in Gelsenkirchen hat das Oberverwaltungsgericht gegen ein Diesel-Fahrverbot entschieden. Diskutiert wurde überein Verbot in der Kurt-Schumacher-Straße. Nun ist diese laut dem neuen Umweltplan für LKWs > 3,5t gesperrt. Zudem wurde dort das Tempolimit auf 50 km/h gesenkt. Die Stadt hat auch vor Fahrradwege auszubauen.
Köln – Straßensperrung statt Diesel-Verbot
Obwohl Köln erfolgreich gegen Dieselfahrverbotszonen geklagt hat, kommen sie dennoch nicht um eine extreme Maßnahme herum. Denn der einzuhaltende NO2-Grenzwert ist nicht zu erreichen, ohne dass einige Straßen der Stadt sogar gesperrt werden, so das Gericht. Bis jetzt versucht die Stadt jedoch auch diese Maßnahme zu vermeiden.
München blockt Diesel Fahrverbote weiterhin ab
Die Stadt München und die Regierung von (Ober)Bayern setzen sich über rechtskräftige Urteile hinweg. Das Münchner Verwaltungsgericht hat schon eine Strafe von 4000 Euro verhängt, da München keine Diesel Verbote in ihren Luftreinhalteplan aufgenommen hat. Die Millionenstadt lehnt trotz weitreichenden Überschreitungen der Abgas-Grenzwerte Verkehrsverbote ab. Stattdessen soll die Umweltzone erweitert werden. So soll es zusätzlich zur grünen Feinstaubplakette auch bald eine blaue Plakette für Euro 6 Autos geben. Wenn sich die Abgas-Messwerte allerdings nicht drastisch verbessern, kann es durch aus sein, dass Fahrverbote vom Gericht angeordnet werden können. Anhand der Messwerte kann man bereits einschätzen, an welchen Straßen ein Diesel-Fahrverbot nötig wäre. Betroffen könnten in Zukunft die Landshuter Allee, Planeggerstraße, Tegernseer Landstraße, Steindorfstraße und Chiemgaustraße.
Halten sich die Deutschen an die Diesel-Fahrverbote?
Seit dem Beginn der Diesel-Fahrverbote wurden in den vier Städten über 15.000 Verstöße aufgezeichnet. Die Summen der Verwarn- und Bußgelder beläuft sich somit auf insgesamt 1,6 Millionen Euro. Es steht jedoch noch nicht fest, ob alle verhängten Strafen rechtskräftig sind. Vor allem in Stuttgart und Darmstadt wurden viele Verstöße festgestellt.
Kontrolliert werden die Verstöße gegen das Diesel-Fahrverbot in Stuttgart und Darmstadt nicht spezifisch. Bei Ordnungswidrigkeiten wie Falschparken oder durch Blitzer wird zusätzlich geprüft, ob diese Kraftfahrzeuge überhaupt in den jeweiligen Gebieten fahren dürfen.
In Hamburg und Berlin werden zudem auch gezielte Kontrollen gemacht. So gibt es in Hamburg Einzelkontrollen in verschiedenen Schwerpunktgebieten, in Berlin gibt es zwei Mal pro Woche Kontrollstellen an den beiden Hauptstraßen und zusätzlich Stichprobenkontrolle durch Streifendienste.
Können Sie das Diesel-Fahrverbot umgehen?
Ob Sie Autohersteller wie Daimler und VW verklagen oder Ihr eigenes Auto nachrüsten. Wir haben auf einer eigenen Seite zusammengestellt, wie Sie Diesel-Fahrverbote umgehen können.
Wenn möglich, ist ein Wechsel zu öffentlichen Verkehrsmitteln oder Fahrrad zu fahren natürlich auch eine Option! Ein bisschen Bewegung hat auch noch keinem geschadet. Dieser Meinung sind auch die meisten deutschen Städte. Denn während sich die meisten gegen das Diesel-Fahrverbot wehren, sind sich alle einig: Der Ausbau abgasarmer, öffentlicher Verkehrsmittel und der Aufbau einer Fahrradweg-Infrastruktur sind wichtig und werden in Zukunft auch umgesetzt!
Unsere Rechts-Redaktion setzt sich intensiv mit verbraucherrelevanten Rechtsthemen auseinander und bereitet sie in enger Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten und Experten so auf, dass man sie auch ohne Staatsexamen versteht. Bei uns finden Sie Ratgeber-Artikel zu Rechtsgebieten wie Scheidungsrecht, Arbeitsrecht, Medizinrecht, dem Abgassskandal oder diversen Geldanlage-Themen.
Markus Klamert ist Inhaber der Kanzlei Klamert & Partner aus München. Als Anwalt ist er Spezialist für Wirtschaftsrecht, Kapitalanlagerecht und Stiftungsrecht. Zusammen mit Rechtecheck hat er bereits tausenden Verbrauchern im Dieselskandal und beim Autokredit-Widerruf geholfen.