Eigentlich gelten Stickoxide vor allem als ein Problem bei Diesel-Motoren. Inzwischen scheint es aber auch erste Modelle mit Otto-Motor zu geben, die vom Abgasskandal betroffen sind. Zumindest WV, Audi, Opel und PSA scheinen Benziner-Modelle zu haben, die die Abgas-Grenzwerte nur auf dem Prüfstand einhalten. Allerdings gehen die Benziner-Abgasskandale noch darüber hinaus. Wir erklären,
- was über den Benziner-Stickoxid-Skandal bei Audi und VW bekannt ist,
- was über den Benziner-Stickoxid-Skandal bei Opel bekannt ist,
- was über den Benziner-Stickoxid-Skandalbei PSA bekannt ist,
- welche Folgen betroffenen Kunden drohen,
- welche Rechte Sie im Abgasskandal haben.
Benziner-Stickoxid-Abgasskandal: Stand bei VW und Audi
Im August 2020 wurde bekannt, dass es wohl auch bei Audi-Modellen mit Otto-Motor einen Abgasskandal gibt. Ein aktuelles Gerichtsgutachten zu einem Audi Q5 TFSI 2.0 mit Abgasnorm Euro 6 und Baujahr 2015 legt das nahe: Der Stickoxid-Ausstoß auf dem Prüfstand erhöhte sich dabei deutlich, sobald das Lenkrad bewegt wurde. Dabei wurden auch die Grenzwerte für Stickoxide deutlich überschritten. Ein solches Verhalten hatte bei anderen Modellen bereits den ursprünglichen VW-Dieselskandal ausgelöst.
Ein internes Papier des VW-Konzerns scheint dies zu untermauern. Danach verfügen Fahrzeuge mit einem AL 551-Getriebe (Automatik) über eine Zykluserkennung, die genutzt wird, um auf dem Prüfstand (NEFZ-Zyklus) mit sogenannten „Warmlaufprogrammen“ den Schadstoffausstoß niedrig zu halten. Im realen Straßenbetrieb ist die Abgasreinigung dagegen reduziert oder ganz deaktiviert. Dies war für Diesel-Modelle von Audi bereits seit längerem bekannt oder zumindest vermutet worden. Offenbar sind aber auch Benziner betroffen. Dabei ist davon auszugehen, dass neben Audi auch die anderen Marken im Volkswagen-Konzern betroffen sind, also VW, Skoda, Seat und Porsche.
Benziner-Stickoxid-Abgasskandal: Stand bei Opel
Opel ist bisher weniger vom Abgasskandal betroffen als andere Hersteller wie VW oder Mercedes. Allerdings war Opel der erste Hersteller, der im Zuge des Abgasskandals auch betroffene Modelle mit Benzin-Motor wegen erhöhter Stickoxid-Werte zurückrufen musste. Das KBA hatte die Rückrufe wegen Überschreitung des Euro-6d-Temp-Grenzwertes für Stickoxide angeordnet.
Betroffen waren dabei folgende Opel-Modelle mit Otto-Motor:
- Opel Corsa 1.2 der Modelljahre 2018 und 2019
- Opel Corsa 1.4 der Modelljahre 2018 und 2019
- Opel Adam 1.2 der Modelljahre 2018 und 2019
- Opel Adam 1.4 der Modelljahre 2018 und 2019
Benziner-Stickoxid-Abgasskandal: Stand bei PSA
Der PSA-Konzern (Peugeot, Citroen und DS) steht schon seit 2017 in Verdacht, bei den Abgaswerten getrickst zu haben. Im Jahr 2020 erfolgten dann erste Rückrufe bei Benzinern. Dabei wurden Updates der Motorsteuerungs-Software eingespielt, durch die der Stickoxid-Ausstoß verringert werden soll. Betroffen sind insbesondere folgende Modelle:
- Peugeot 208
- Peugeot 301
- Peugeot 2008
- Citroën C3
- C3 Aircross
- C-Elysee
- C3 Picasso
- C4
- C4 Picasso
- DS3
- DS4
- DS5
Folgen für betroffene Kunden mit Otto-Motoren
Für die vom Abgasskandal betroffenen Besitzer von Benziner-Modellen mit manipulierter Motorsteuerung bedeutet das teilweise gravierende Nachteile:
Es wird wohl früher oder später einen Rückruf geben, bei dem die illegale „Abschalteinrichtung“ durch ein Update der Motorsteuerung entfernt wird. (Bei einigen Modellen ist das schon erfolgt.) So ist das auch im Dieselskandal geschehen. Vereinfacht gesagt bedeutet das, dass das Auto nach dem Update permanent im „sauberen“ Modus fährt. Das klingt gut, kann aber zu Problemen führen, da der Motor bei der Konstruktion nicht dafür ausgelegt wurde, permanent im sauberen Modus zu laufen. So können beispielsweise Gemisch (Verhältnis von Benzin und Luft) und Druck nicht mehr frei auf Leistung, Langlebigkeit oder Verbrauch hin optimiert werden, da die Stickoxid-Produktion niedrig gehalten werden muss. Potentielle Nachteile sind
- Mehrverbrauch
- Weniger Leistung
- Weniger Laufruhe/mehr Geräusche
- Schäden am Motor
Über diese Probleme wurde bereits im Rahmen der Diesel-Rückrufe berichtet. Nicht zuletzt deshalb dürften auch betroffene Benziner-Modelle unter einem hohen Wertverlust leiden.
Falls es die Autohersteller nicht schaffen, ein Software-Update zu erstellen, das vom KBA durchgewunken wird, könnten die betroffenen Kunden sogar die Zulassung verlieren. Aufgrund der hohen Stickoxid-Konzentrationen in deutschen Städten könnten außerdem auch vom Abgasskandal betroffene Benziner bald von örtlichen Fahrverboten betroffen sein.
Schadensersatz: Ihre Rechte im Abgasskandal
Ein aktuelles BGH-Urteil stellt klar fest, dass Besitzer eines Autos mit illegaler Abschalteinrichtung ein Rückgaberecht haben. Streng genommen gilt dieses Urteil nur für bestimmte VW-Diesel, ist aber grundsätzlich auf alle Fahrzeuge übertragbar. Wichtig ist nur, dass der Hersteller betrogen hat, um die Abgasgrenzwerte scheinbar einzuhalten, während sie im Realbetrieb überschritten werden. Bei der Rückgabe erhält der Kunde seinen Kaufpreis zurück, wobei lediglich eine meist geringe Nutzungsentschädigung abgezogen wird.
Bei Rechtecheck können Sie sich bereits jetzt für Ihren Anspruch auf Schadensersatz registrieren. Wir halten Sie dann auf dem Laufenden, wenn klar wird, ob auch Ihr Modell betroffen ist:
Für private Besitzer von finanzierten Autos (Autokredit oder Leasing) bietet sich außerdem eine weitere Option: Viele Standard-Verträge von Autobanken enthalten Formfehler, die dazu führen, dass die Verträge für Finanzierung und Kauf noch nach Jahren widerrufen werden können. Auch in diesem Fall kann man den Kauf rückabwickeln.
Robert hat als Diplomkaufmann und Wirtschaftsingenieur nicht nur die besten Voraussetzungen dafür, den reibungslosen Ablauf der Webseite sicherzustellen, sondern auch den perfekten Background, um vor allem komplexe Wirtschafts-Themen nutzerfreundlich und nachvollziehbar aufzubereiten. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Abgasskandal, Geldanlage, Kreditrecht, Flugrecht und Versicherung. Nach seinem Ausscheiden bei RECHTECHECK wechselte Robert zur Nürnberger Werbeagentur BESONDERS SEIN.
Markus Klamert ist Inhaber der Kanzlei Klamert & Partner aus München. Als Anwalt ist er Spezialist für Wirtschaftsrecht, Kapitalanlagerecht und Stiftungsrecht. Zusammen mit Rechtecheck hat er bereits tausenden Verbrauchern im Dieselskandal und beim Autokredit-Widerruf geholfen.