Warum Prozessfinanzierung nötig ist
Prozessfinanzierung wird für viele Menschen zum Problem, weil Gerichtsprozesse mit Kosten und Risiken verbunden sind: Wer klagen will, muss die Gerichtsgebühren und die Kosten für den eigenen Anwalt zunächst einmal vorstrecken. Geht der Prozess verloren, kommen noch die Kosten für den Anwalt der Gegenseite hinzu. Zusätzlich können noch weitere Kosten entstehen, z.B. für Zeugen und Gutachten. Letztere übersteigen in manchen Fällen sogar die Kosten für Gericht und Anwälte.
Viele potentielle Kläger lassen sich daher davon abschrecken, vor Gericht zu ziehen, weil sie sich ohne eine Rechtsschutzversicherung die Kosten nicht leisten können (bzw. wollen). Andere scheuen das Risiko, das mit einem Gerichtsprozess verbunden ist. Einen Ausweg bieten Prozessfinanzierung oder Prozesskostenhilfe (PKH), zu denen wir hilfreiche Tipps zusammengestellt haben. Prozessfinanzierung im Diesel-Skandal finden Sie auf einer eigenen Seite.
Prozessfinanzierung
Prozessfinanzierer sind privatwirtschaftliche Unternehmen, die Prozessfinanzierung (auch Prozesskostenfinanzierung genannt) als gewinnorientierte Dienstleistung anbieten. Sie übernehmen alle Kosten für den eigenen Anwalt des Klägers und das Gericht sowie ggf. für Zeugen und Gutachter. Im Fall einer Niederlage müssen sie außerdem die Kosten für den gegnerischen Anwalt tragen. Ggf. übernehmen die Prozessfinanzierer auch die außergerichtliche Streitdurchsetzung oder die Kosten für die Durchsetzung des Urteils (z.B. Zwangsvollstreckung).
Im Gegenzug bekommt der Prozessfinanzierer nach einem gewonnenen Prozess diese Kosten vom Prozessgegner erstattet und er erhält für die Prozessfinanzierung einen Anteil an dem erstrittenen Betrag. Dieser Anteil hängt einerseits vom Anbieter ab und andererseits auch vom individuellen Fall. Der Anteil kann dabei sehr unterschiedlich sein, dürfte aber kaum unter 10 % liegen. Wichtige Einflussfaktoren sind der Streitwert, das erwartete Risiko und die voraussichtlichen Kosten (z.B. für teure Gutachten).
Grundsätzlich steht die Prozesskostenfinanzierung Privatpersonen und Unternehmern (Gewerbetreibende, Freiberufler) offen. Dabei eignen sich aber nicht alle Fälle für die Prozesskostenfinanzierung, wobei es Unterschiede zwischen den Anbietern gibt. Grundvoraussetzung für viele Prozesskostenfinanzierer ist, dass es in dem Streit um eine Geldforderung geht oder zumindest um eine Forderung, der ein konkreter Wert beigemessen werden kann – schließlich bemisst sich daran die Vergütung des Prozessfinanzierers. Ungeeignet sind dagegen meist Fälle, in denen Rechte ohne konkreten Wert eingeklagt werden sollen, z.B. ein Anspruch auf Unterlassen oder ein Sorgerecht.
Hinzu kommt, dass Prozessfinanzierer Fälle nur dann übernehmen, wenn sie die Erfolgsaussichten hoch genug einschätzen. Die damit verbundene Prüfung der Fälle ist außerdem aufwendig und lohnt sich daher nur, wenn der Streitwert entsprechend hoch ist. Viele Prozessfinanzierer haben daher eine feste Mindesthöhe für den Streitwert, beispielsweise 50.000 oder 100.000 €. Bei gleichgelagerten Massenfällen wie Abgasskandal oder Online-Casinos sind die Schwellen teilweise niedriger, da die Prüfung einfacher und das Risiko geringer ist.
Der Antragsprozess ist dabei unterschiedlich: Teilweise setzen die Prozessfinanzierer voraus, dass der Antrag schon über einen Anwalt eingereicht wird. Bei anderen muss man den Antrag direkt stellen und bekommt dann einen Anwalt vermittelt. Üblich ist, dass die Prüfung kostenfrei erfolgt und direkt über den Anwalt abgerechnet wird.
Bei uns finden Sie Hilfe im Abgasskandal – über Rechtsschutzversicherung oder Prozesskostenübernahme.
Staatliche Prozesskostenhilfe
Auch die Prozesskostenhilfe kann als eine Art der Prozessfinanzierung angesehen werden. Dabei handelt es sich aber nicht um eine privatwirtschaftliche Dienstleistung. Die Prozesskostenhilfe ist eher vergleichbar mit einer Sozialleistung: Menschen sollen nicht alleine aufgrund ihrer Armut davon abgehalten werden, ihre Rechte vor Gericht durchzusetzen.
Das bedeutet aber auch: Prozesskostenhilfe bekommt nur, wer bedürftig ist. Beispielsweise ist das i.d.R. dann der Fall, wenn man Hartz IV bekommt. Aber auch andere Menschen mit niedrigem Einkommen können Prozesskostenhilfe beantragen. Die Bedürftigkeit kann dabei bis zu 4 Jahre nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe überprüft werden – hat sich die finanzielle Situation bis dahin gebessert, kann der Staat die Prozesskostenhilfe zurückfordern. Ist man nur nicht in der Lage, die Prozesskosten auf einmal zu bezahlen, kann die Prozesskostenhilfe auch als eine Art Ratenkredit vergeben werden.
Ein wichtiger Unterschied zwischen Prozesskostenhilfe und Prozessfinanzierung ist, dass die Prozesskostenhilfe nur für Gerichtskosten und eigenen Anwalt aufkommt. Den Anwalt der Gegenseite muss man bei einer Niederlage also selbst bezahlen. Im Arbeitsrecht fallen die Gerichtskosten ohnehin nur an, wenn man verliert. Außerdem kann der eigene Anwalt im Rahmen der Prozesskostenhilfe nur vergleichsweise niedrige Gebühren verlangen – die Motivation, solche Mandate anzunehmen, ist daher eher gering.
Auch Prozesskostenhilfe wird nur bei ausreichenden Erfolgsaussichten gewährt.
Übrigens: In manchen Fällen führt man keinen Prozess, sondern ein Verfahren, beispielsweise bei einer Scheidung. In diesem Fall spricht man dann von Verfahrenskostenhilfe.
Robert hat als Diplomkaufmann und Wirtschaftsingenieur nicht nur die besten Voraussetzungen dafür, den reibungslosen Ablauf der Webseite sicherzustellen, sondern auch den perfekten Background, um vor allem komplexe Wirtschafts-Themen nutzerfreundlich und nachvollziehbar aufzubereiten. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Abgasskandal, Geldanlage, Kreditrecht, Flugrecht und Versicherung. Nach seinem Ausscheiden bei RECHTECHECK wechselte Robert zur Nürnberger Werbeagentur BESONDERS SEIN.