Zusammenfassung
- PKV-Beitragserhöhungen sind nicht willkürlich möglich.
- Begründet eine private Krankenversicherung die Beitragserhöhung nicht korrekt, kann man ihr widersprechen, auch rückwirkend.
- Nach einer erfolgreichen Klage gegen die PKV-Tariferhöhung erhält man eine Beitragsrückerstattung und muss zukünftig weniger zahlen.
Für Kunden der privaten Krankenversicherung bedeuten Beitragserhöhungen praktisch jedes Jahr eine Belastung. Ob 2022, 2021, 2020 oder früher, ob Axa, Allianz, DKV oder andere: PKV-Beitragsanpassungen gibt es fast immer. Allerdings gibt es auch Möglichkeiten, wie sich Versicherungsnehmer gegen steigende Kosten ihrer privaten Krankenversicherung wehren können. Zum einen können viele durch einen PKV-Tarifwechsel bei ihrem Anbieter Geld sparen. Zum anderen sind viele PKV-Tariferhöhungen unwirksam, sodass die Kunden ihnen widersprechen und so eine Beitragsrückerstattung bekommen können.
In diesem Artikel zeigen wir, warum man viele PKV-Beitragserhöhungen dank BGH-Urteilen anfechten kann und was die Folgen eines Widerspruchs gegen die PKV-Tariferhöhung sind. Außerdem stellen wir ein aktuelles Urteil des OLG Köln gegen die AXA zur PKV-Beitragsanpassung vor.
BGH-Urteile: Formfehler bei PKV-Beitragserhöhungen
Faktisch sind die meisten Kunden der privaten Krankenversicherer in ihren Verträgen „gefangen“, da bei einem Wechsel des Anbieters die Altersrückstellung verlorengeht. Ein Wechsel in die GKV ist oft ohnehin ausgeschlossen. Daher wird der Versicherungsnehmer vom Gesetzgeber vor willkürlichen Prämienerhöhungen geschützt. Nur wenn sich die Behandlungskosten (z.B. durch technischen Fortschritt), die Fallzahlen (z.B. durch die Corona-Krise), die Sterberaten oder die Zinsen für die Altersrückstellung signifikant ändern, ist eine Beitragsanpassung erlaubt.
Beispielsweise ist eine PKV-Beitragserhöhung ausgeschlossen, wenn dadurch eine Unterdeckung ausgeglichen werden soll, die der Versicherer von vorne herein hätte erkennen müssen (§ 155 Abs. 3 VAG). Dadurch sollen „Lockvogel-Angebote“ verhindert werden.
Besonders wichtig für den Widerspruch gegen PKV-Tarifanpassungen ist § 203 Abs. 5 VVG. Dieser sieht u.a. vor, dass Prämienerhöhungen erst wirksam werden, wenn der Versicherungsnehmer eine Mitteilung über die maßgeblichen Gründe erhalten hat. Genau an dieser Stelle sind viele Versicherer aber zu ungenau. Oft wird nur auf die entsprechenden Gesetze und „Kostensteigerungen“ verwiesen, ohne dass dies weiter erläutert wird. Der BGH (Urteil vom 16.12.2020, Aktenzeichen IV ZR 314/19 und IV ZR 294/19) hat aber entschieden, dass der Versicherer zumindest angeben muss, ob sich die Kosten für Versicherungsleistungen oder die Sterberaten (oder beide) geändert haben. Nach dem BGH-Urteil folgt, dass eine unzureichend begründete Beitragserhöhung nicht wirksam wird.
Außerdem gibt es einen gesetzlichen Schwellenwert, ab dem Beitragssteigerungen möglich sind. Dieser liegt bei Kostensteigerungen von 10%. Viele Versicherungen wollen aber nicht warten, bis dieser Wert erreicht ist und erhöhen ihre Beiträge daher schon bei niedrigeren Werten.
Übrigens: Lange war umstritten, ob auch die mangelnde Unabhängigkeit des im Rahmen der Beitragserhöhung eingesetzten Treuhänders zur Unwirksamkeit von Prämienerhöhungen führen kann. Nach Ansicht des BGH (Urteil vom 19. Dezember 2018, Az. IV ZR 255/17) kann dies aber nicht vor Zivilgerichten geklärt werden.
Folgen des Widerspruchs gegen eine PKV-Beitragserhöhung
Wenn die PKV-Beitragserhöhung erfolgreich angefochten wurde, wird der Tarif rückwirkend auf den ursprünglichen Beitrag zurückgesetzt. Das bedeutet für den Versicherungsnehmer:
- Er erhält den zu viel gezahlten Beitrag zurück.
- Diese Beitragsrückerstattung muss die Versicherung verzinsen.
- Auch für zukünftige Prämien gilt der reduzierte Beitrag.
- Der reduzierte Beitrag gilt solange bis eine korrekte Beitragsanpassung erfolgt oder die Begründung nachgereicht wird. Dabei reicht laut BGH bereits eine später erfolgte Beitragserhöhung, die korrekt begründet wurde, oder die Begründung im Rahmen eines Gerichtsprozesses. Die Begründung wirkt aber nie rückwirkend.
Für die Rückerstattung gilt nach einem BGH-Urteil (Az. IV ZR 113/20 vom 17.11.2021) gilt folgendes: Die zu viel bezahlten Beiträge kann man für die letzten 3 Jahre zurückfordern. Dabei werden auch Beitragserhöhungen überprüft, die vor diesem Zeitraum liegen. Es kann also sein, dass der Anspruch auf Erstattung auf einem Beitrag basiert, der vor deutlich mehr als 3 Jahren galt.
OLG Köln: PKV-Beitragserhöhung der Axa unzulässig
Das OLG Köln hat in einem Urteil vom 28. Januar 2020, (Az. 9 U 138/19) entschieden, dass mehrere PKV-Tarifanpassungen der AXA nicht ausreichend begründet und damit unzulässig waren. Für die Preiserhöhungen aus den Jahren 2014 und 2015 muss die Axa daher eine Beitragsrückerstattung von etwa 3.500 € zuzüglich Zinsen zahlen. Außerdem sinkt der laufende Beitrag entsprechend.
Da die Axa ihren Sitz in Köln hat und daher dort auch verklagt werden kann, können sich voraussichtlich die meisten AXA-Kunden auf das Urteil des OLG Köln berufen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.