Zusammenfassung
- Behandlungsfehler bei Kniegelenkprothesen können zu gravierenden Einschnitten im Privatleben führen. Ergreifen Sie daher bei Schmerzen nach der Knie-OP unverzüglich Maßnahmen.
- Fünfstellige Schadensersatz- und Schmerzensgeldbeträge können bei Behandlungsfehlern erstritten werden.
- Insbesondere bei Infektionen muss die Reaktion nach der Implantation des künstlichen Kniegelenks unverzüglich erfolgen.
Jährlich werden rund 150.000 Knieprothesen eingepflanzt. Bei knapp einem Prozent der Behandlungen tauchten Behandlungsfehler auf, die das Leiden nach der Knie-Gelenk-OP vergrößern.
Im Folgenden wird erklärt: Was eine Knie-TEP ist, was die typischen Behandlungsfehler sind und welche rechtlichen Schritte Sie unternehmen können.
Knie-Totalendoprothese (Knie-TEP)
Menschen, die dauerhaft unter Schmerzen im Kniebereich leiden und dadurch in ihren Bewegungsabläufen eingeschränkt sind, nehmen bei Versagen der konservativen Therapien die Risiken einer Kniegelenk-OP in Kauf, um sich mithilfe eines künstlichen Kniegelenks (Knie-TEP = Knie-Totalendoprothese) von den Schmerzen zu befreien. Dabei ersetzt eine unter Vollnarkose oder Spinalanästhesie eingefügte Kniegelenkprothese die abgenutzten bzw. zerstörten Kniegelenkteile. Diese Beschädigung kommt häufig altersbedingt aufgrund von Arthrose bzw. Gonarthrose zustande. (Ähnlich wie bei der Hüft-TEP) Bei der Gonarthrose spielen zusätzlich viele verschiedene Faktoren wie Übergewicht, Fehlstellungen der Knie oder anhaltende Belastungen aufgrund angeborener Deformationen wie O- oder X-Beine eine Rolle. Wichtig bei der Knieprothese ist, dass sie aus korrosionsbeständigen Materialien besteht und beim Aneinanderreiben der Gleitpaare kein Abrieb entstehen darf.
Typische Behandlungsfehler bei einer Kniegelenksoperation
Sollten Schmerzen nach der Knie-TEP-OP auftreten, dann besteht der Verdacht auf einen oder mehrere Behandlungsfehler. Prinzipiell kann man dann Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche geltend machen. Doch sollte man wissen, bei wem: Bei einem fehlerhaften Implantat kann es sich um einen Materialfehler handeln. Das ist beim Hersteller zu beanstanden und nicht beim Operateur. Dieser ist nämlich nur dann zur Rechenschaft zu ziehen, wenn ihm nachweislich ein Fehler bei der Kniegelenkimplantation unterlaufen ist (z.B. weil er eine Knie-TEP verwendet hat, die zu groß ist) oder er den Patienten unzureichend über die Risiken und Behandlungsalternativen aufgeklärt hat. Vergleichen Sie hierzu unseren Beitrag zum Thema Ärztepfusch.
Abgesehen von den allgemeinen Nebenwirkungen einer Vollnarkose oder Spinalanästhesie (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Kreislaufstörungen usw.) bestehen nach der OP die Risiken einer bakteriellen Infektion, Verklebungen und Verwachsungen im künstlichen Kniegelenk, Verrenkungen der einzelnen Teile der Knieprothese, Kalkeinlagerungen in der Beinmuskulatur, Lockerung des künstlichen Knies o.ä. Durch Hygienemängel kann es zu einer Infektion an der Knieendoprothese und in der Folge zu einer Abstoßung der Knie-TEP kommen. Das OLG Frankfurt am Main hat in seinem Urteil vom 20. Mai 2008 (Az. 8 U 261/07) einer Patientin über 20.000 € Schmerzensgeld zugesprochen, weil es einen groben Behandlungsfehler durch den Orthopäden gesehen hat. Dieser habe „wochenlang nicht sachgerecht auf Infektionsanzeichen reagiert“, wodurch eine dauerhafte Behinderung der Patientin hätte verhindert werden können.
Weitere typische Behandlungsfehler bei einer Knie-OP sind:
- Fehlerhafte Knieprothese: Eine schlechte Knieendoprothese kann bspw. Teilchen erzeugen, die in den Blutkreislauf gelangen, und dann Entzündungen und im schlimmsten Fall eine Blutvergiftung herbeiführen. Auch kann das künstliche Knie aufgrund von Qualitätsmängeln Risse bekommen und zerbrechen.
- Zu starker Abrieb der Gelenkteile (ähnlich wie beim künstlichen Hüftgelenk).
- Fehlstellungen der Knieprothese jenseits medizinisch akzeptabler Toleranzgrenzen.
- Beschädigung der Kniekehlenvene oder Kniekehlenarterie, Verletzung des nervus peronaeus, der an der Außenseite des Unterschenkels an das Wadenbeinköpfchen bis zum Fußrücken verläuft. Letzteres könnte in einer Fuß- und Zehenheberschwäche resultieren, die das Gehen auf der Ferse unmöglich macht. In einem Fall konnte ein Schmerzensgeldbetrag von rund 30.000€ verhandelt werden (OLG Köln, Urteil -5 U 28/08).
- Das Kompartmentsyndrom (Nerven- und Muskelschädigung durch zu hohen Gewebedruck) kann zu schweren Funktionsstörungen und Sensibilitätseinschränkungen führen.
- Im Rahmen einer Knie-TEP sollte auch geprüft werden, ob ein Patellarückflächenersatz (Retropatellarersatz, Ersatz für die Gelenkfläche auf der Rückseite der Kniescheibe) nötig ist bzw. ob an dieser Stelle andere Maßnahmen ergriffen werden müssen. Auch hier können Arztfehler geschehen von fehlender Aufklärung über mangelhafte Befunderhebung bis hin zur Fehlbehandlung. Wird die Behandlung versäumt, dann ist oft eine weitere Operation für einen sekundären Patellarückflächenersatz nötig.
Bei Behandlungsfehlern einer Knie-Operation rechtlich vorgehen
Wenn Sie Schmerzen nach einer Knie-TEP-OP haben oder Infektionsanzeichen wie Schwellungen oder Fieber erkennen sollten, handelt es sich dabei höchstwahrscheinlich um einen Behandlungsfehler. Gegen diese kann man rechtliche Schritte einleiten. Ein Fachanwalt für Medizinrecht kann Ihnen dabei helfen. Hohe Schadensersatz- und Schmerzensgeldbeträge können dabei verhandelt werden, da im schlimmsten Fall die Arbeitsunfähigkeit bzw. die körperliche Eingeschränktheit eintreten könnte.
Achten Sie darauf, dass die fehlerhafte Kniegelenksprothese in Ihrem Besitz bleibt, wenn sie entfernt werden muss und nicht durch etwaige Unterschrift eines Formulars auf die Aushändigung verzichtet wird. Außerdem sollten Sie schnell handeln, da auch bei Behandlungsfehlern Verjährung droht.