Zusammenfassung
- Kapselfibrosen sind eine häufige Spätfolge von Implantationen, v.a. bei Brustimplantaten.
- Symptome von Kapselfibrosen können Verhärtungen, Schmerzen und Deformationen sein.
- Oft müssen Kapsel und Implantat durch eine OP entfernt werden.
- Die Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht immer vollständig.
Wenn nach einer Brust-OP oder einer anderen Implantation die Narben verheilt sind, hofft man, dass damit das Schlimmste überstanden ist. Auch wenn man es besser wissen sollte: Man geht davon aus, dass z.B. das Brustimplantat ewig hält. Teilweise zeigen sich aber erst Jahre nach der Operation negative Folgen. So können manche Brustimplantate beschädigt werden und so ein Silikonom auslösen. In anderen Fällen wird das Implantat hart, verändert seine Form und schmerzt: Eine Kapselfibrose. RECHTECHECK informiert hier über:
Kapselfibrose: Hintergründe, Symptome, Behandlung
Was ist eine Kapselfibrose?
Erkennt das menschliche Immunsystem einen Fremdkörper, versucht es, diesen abzukapseln und dadurch z.B. die Ausbreitung von Infektionen zu vermeiden. Das geschieht auch bei Implantaten, insbesondere bei Brustimplantaten, aber beispielsweise auch bei einer Knie-TEP oder Hüft-TEP. Problematisch wird eine Kapselfibrose, wenn sich diese Kapsel zusammenzieht. Daher ist die Kapselfibrose im Englischen auch als „capsular contracture“ bekannt.
Gerade bei Brustimplantaten besteht ein hohes Risiko, dass es zu einer Kapselfibrose kommt. Risikofaktoren sind dabei wohl insbesondere eine Besiedelung der Implantate durch Bakterien, Blutergüsse und Bestrahlungen. Außerdem wird den Patientinnen empfohlen, spezielle Kompressions-BHs zu tragen und auf Alkohol und Nikotin zu verzichten. Um das Risiko einer Kapselfibrose zu reduzieren, wird oft auf ein möglichst hygienisches Handling der Implantate, vorsorgliche Behandlung mit Antibiotika und eine Implantation unter der Brustmuskulatur gesetzt. Implantate mit texturierter Oberfläche können zwar das Kapselfibrose-Risiko senken, sie erhöhen aber das Risiko, an BIA-ALCL zu erkranken. Das ist eine seltene Art von Brustkrebs.
Diagnose und Symptome einer Kapselfibrose
Die Symptome einer Kapselfibrose bei Brustimplantaten werden nach einer Skala eingestuft, die der Chirurg James L. Baker Jr. entwickelt hat:
- Baker 1: Die Brust ist weich. (Eine leichte Verhärtung im Vergleich zum Neuzustand des Implantats ist allerdings normal.) Größe und Form erscheinen normal und es bestehen keine Schmerzen.
- Baker 2: Man kann eine leichte Verhärtung ertasten. Die Patientin hat ein Spannungsgefühl in der Brust bis hin zu leichten Schmerzen.
- Baker 3: Die starke Kapselfibrose führt zu einer Verhärtung der Brust, die eine sichtbare Deformation verursacht. Starke Schmerzen sind möglich.
- Baker 4: Bei einer ausgeprägten Kapselfibrose ist die Kapsel extrem verhärtet und zusammengezogen, was zu einer deutlich erkennbaren Deformation führt. Die Patientin hat andauernde Schmerzen, die schon von leichten Berührungen ausgelöst werden.
Zusätzlich zum Abtasten und der Befragung der Patientin kann der behandelnde Arzt auch auf Ultraschall (Mammasonographie) oder ein Nativ-MRT (Magnetresonanztomographie ohne Kontrastmittel) zurückgreifen, um eine Kapselfibrose zu diagnostizieren.
Behandlung von Kapselfibrosen
Zunächst einmal sollte festgehalten werden, dass nicht jede Kapselfibrose auch behandelt werden muss. Gerade bei den Graden Baker 1 und Baker 2 haben die Patientinnen kaum Beschwerden. Spätestens bei Baker 4 führt an einer Behandlung dagegen kaum ein Weg vorbei.
Zur Behandlung einer Kapselfibrose wird großenteils auf chirurgische Maßnahmen zurückgegriffen. Gerade beim Grad Baker 4 kommt man darum kaum herum. Neben der kompletten Entfernung von Kapsel und Implantat (Kapselresektion) kommt auch ein endoskopisches Auftrennen der Kapsel (Kapsulotomie) infrage. Die Verwendung von Ultraschall, Stoßwellen oder Kollagenaseinjektionen scheinen bisher noch nicht weit verbreitet bzw. noch in einem frühen Entwicklungsstadium zu sein.
Früher hat man versucht, durch manuellen Druck eine Kapselsprengung herbeizuführen. Diese Methode wird nicht mehr eingesetzt, weil dadurch auch das Implantat platzen kann. Teilweise werden aber Massagen zur Linderung von Symptomen der Kapselfibrose angewendet.
Wer bezahlt den Schaden bei Kapselfibrosen?
Die Behandlung einer Kapselfibrose kann sehr aufwändig und teuer sein – immerhin handelt es sich meist um Operationen. Außerdem wird ja in vielen Fällen mit der Kapsel auch das Implantat entfernt und viele Betroffene wünschen sich anschließend einen Ersatz. Daher stellt sich die Frage, wer für die Behandlung aufkommt. Da sowohl die Kapselfibrose als auch die Behandlung mit zum Teil starken Schmerzen und anderen Nachteilen (z.B. Arbeitsausfall) verbunden sind, stellt sich außerdem die Frage nach Schmerzensgeld und Schadensersatz.
Kapselfibrose: Zahlt die Krankenkasse?
Ob und in welchem Umfang die gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen die Kosten für die Behandlung einer Kapselfibrose zahlen, hängt von den Umständen ab. Hat sich die Kapselfibrose an einem medizinisch notwendigen Implantat gebildet, muss die Krankenversicherung auch die Behandlung der Kapselfibrose zahlen – und gegebenenfalls auch ein neues Implantat. Das ist beispielsweise bei künstlichen Gelenken der Fall. Bei Brustimplantaten kann man sich in der Regel daran orientieren, ob die Kasse bereits die ursprüngliche Implantation gezahlt hat oder nicht.
Handelt es sich nicht um ein medizinisch notwendiges Implantat, kommt es auf den Einzelfall an. Die Krankenkasse kann schlecht eine mittellose Patientin mit schweren Schmerzen allein lassen. Je eher man sich die Behandlung selbst leisten kann und je geringer die Beschwerden (bisher) sind, desto weniger wird sich die Kasse aber an den Behandlungskosten beteiligen.
Schadensersatz für Kapselfibrose von Arzt oder Klinik
Kapselfibrosen können selbst bei optimaler Behandlung auftreten. In vielen Fällen kann man dem plastischen Chirurgen, der die Implantate eingesetzt hat, daher gar keinen Vorwurf machen und folglich auch weder Schmerzensgeld noch Schadensersatz fordern. Dasselbe gilt für die Klinik. Patient(inn)en können dagegen Schadensersatz und Schmerzensgeld fordern, wenn bei der Behandlung nachweislich Fehler passiert sind. Beispiele für solchen Ärztepfusch können beispielsweise sein:
- Eine Behandlung, die nicht dem Behandlungsvertrag bzw. nicht dem aktuellen Stand der Technik entspricht. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Brustimplantat nicht unter, sondern über der Brustmuskulatur implantiert wird.
- Hygienische Mängel: Da gerade Bakterien als Risikofaktor für eine Kapselfibrose gelten, müssen Arzt und Klinik hier besonders sorgfältig agieren und dies auch dokumentieren.
- Aufklärungsfehler: Der Arzt muss seinen Patienten vor einer Behandlung umfassend über mögliche Risiken und alternative Behandlungsmethoden informieren. Hat er beispielsweise das Risiko einer Kapselfibrose verschwiegen oder heruntergespielt, kann er sich haftbar gemacht haben.
Ein Anspruch auf Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld kann natürlich auch durch Fehlbehandlung der Kapselfibrose selbst entstehen. Das kann z.B. der Fall sein, wenn der Arzt versucht, die Kapsel durch Druck zu „sprengen“ und dabei das Implantat platzt, wodurch die Patientin ein „Silikonom“ entwickelt. Diese Behandlungsmethode gilt nämlich als veraltet.
Schadensersatz für Kapselfibrose vom Hersteller
Grundsätzlich ist es auch möglich, den Hersteller eines Implantats für die Kapselfibrose haftbar zu machen. Dazu müsste man allerdings nachweisen, dass er – beispielsweise durch hygienische Mängel in der Produktion – zur Entstehung der Kapselfibrose beigetragen hat oder dass er wider besseres Wissen das Risiko zu niedrig angegeben hat.
Vielen Patientinnen mit Allergan-Implantaten (und teilweise von anderen Herstellern) stehen aber auch unabhängig von einer Kapselfibrose Schmerzensgeld und Schadensersatz zu. Speziell Implantate mit strukturierter Oberfläche können nämlich eine spezielle Art von Krebs (BIA-ALCL) auslösen und wurden deshalb zurückgerufen.