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Haftung und Schadensersatz bei fehlerhaften Medizinprodukten

Fehlerhafte Medizinprodukte sind gefährlich - die Haftung bei Unfällen aber nicht immer klar.

27. August 2020

Immer wieder kommen fehlerhafte Medizinprodukte auf den Markt. Diese können den Patienten erheblichen körperlichen Schaden zufügen, bevor das Problem bekannt ist und das Produkt eventuell vom Markt genommen wird. In diesem Fall haben Sie einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadenersatz vom Hersteller.

Was sind Medizinprodukte?

Einfach ausgedrückt sind Medizinprodukte Gegenstände, Stoffe oder Instrumente, die rein körperlich auf den Patienten wirken. Diese Produkte haben, anders als Medikamente, keinen Einfluss auf den Stoffwechsel der Menschen. Offensichtliche Beispiele für Medizinprodukte sind jegliche Art von Prothesen und Implantate, aber auch Herzschrittmacher, Sehhilfen und ärztliche Instrumente, wie Ultraschallgeräte und Röntgengeräte gehören dazu.

Bestehende Fehler bei einem Medizinprodukt

Immer wieder kommt es vor, dass Medizinprodukte eines Unternehmens zurückgerufen werden müssen, da im Nachhinein ein Fehler festgestellt wurde. Für manche Patienten ist dies jedoch schon zu spät und sie haben bereits gesundheitliche oder körperliche Schäden erlitten.

Ein Defekt oder Schaden aus einem Medizinprodukt kann verschiedene Gründe haben. Nicht jedes Problem mit einem Medizinprodukt ist sofort die Schuld des Herstellers. Reagiert der Patient allergisch auf ein Implantat oder macht der Arzt einen Fehler bei der Anwendung, haftet der Hersteller nicht. Nur wenn das Medizinprodukt selbst einen Fehler aufweist und somit dem Körper oder der Gesundheit des Patienten schadet, liegt die Haftung beim Hersteller. Das Problem bei dem Schadensersatzanspruch bei Medizinprodukten liegt darin, dass der Patient den Produktfehler nachweisen muss.

Der Europäische Gerichtshof hat die Beweisführung für einen Produktfehler durch eine Rechtsprechung im Fall eines ausgetauschten, potenziell fehlerhaften Herzschrittmachers aus dem Jahr 2015 erleichtert. Wenn die Modellreihe eines Produktes potenzielle Fehler aufweist, muss der Patient bei seinem Medizinprodukt nicht individuell nachweisen, dass dieses fehlerhaft ist. Alle Produkte dieses Modells werden als potenziell fehlerhaft eingestuft. Dies erleichtert in solchen Fällen den Weg zum Schadensersatz.

Eine Brille vor einer Kamera - auch Brillen zählen als Medizinprodukte.
Auch Brillen zählen als Medizinprodukte.

Falsch belastete Medizinprodukte

Oft kommt es bei der Frage nach der Belastung des Medizinproduktes zum Rechtsstreit. So gibt es bestimmte Sicherheitserwartungen an die verschiedenen Produkte. Stürzt der Patient beispielsweise, woraufhin das Medizinprodukt (z.B. eine Hüft-TEP oder Knie-TEP) beschädigt wird, wird im Einzelfall bewertet, ob dieses die Belastung hätte aushalten sollen oder nicht. Entsteht beim Extremsport ein Schaden, haften die Hersteller zum Beispiel nicht.

Wer haftet bei Fehlern der Medizinprodukte?

Nach dem Produkthaftungsgesetz haften Hersteller für Sachschäden und Personenschäden, die aus dem Produkt entstanden sind. Hersteller sind dabei alle, die das Endprodukt produzieren, aber auch diejenigen, die nur Teilprodukte oder Grundstoffe herstellen. Betreiber, die die vom Hersteller gelieferten Medizinprodukte abändern oder Anwender, die den Produkten fremde Teile hinzufügen, werden dadurch auch zu Herstellern. Zudem werden Betreiber und Anwender zu haftenden Herstellern, wenn diese das Medizinprodukt zu einem anderen Zweck als dem vom Hersteller beabsichtigten verwenden.

Das klingt verworren, passiert in der Praxis aber erstaunlich schnell: Kombinieren Sie oder Ihr Arzt etwa ein Blutdruckmessgerät von Hersteller A mit einer Manschette von Hersteller B, erhalten Sie so ein Medizinprodukt aus Eigenherstellung, das nicht ordnungsgemäß geprüft ist. Für daraus resultierende Folgeschäden, die in diesem Beispiel zugegeben sehr gering ausfallen sollten, sind Sie oder der Arzt haftbar.

Nach dem Medizinproduktegesetz zählen je nach Sachlachge auch diejenigen zu den Herstellern, die ein Medizinprodukt nach Europa einführen. Dabei ist es irrelevant, ob der Importeur an einem Fehler tatsächlich schuld ist, da er bei der Einfuhr des Produktes laut EU-Verordnung gewisse Herstellerpflichten übernimmt (Gefährdungshaftung).

Ihr Anspruch auf Schadensersatz

Es gilt: Alle gesundheitlichen Schäden, die durch das fehlerhafte Medizinprodukt entstanden sind, müssen ersetzt werden. Dazu zählen Schmerzensgeld und Schadensersatz für die daraus entstandenen Nachteile, wie ein Arbeitsausfall. Übrigens: Der Anspruch auf Schadensersatz ist vererblich. Verstirbt die Person also, haben die Erben ein Recht auf finanziellen Ausgleich.

Die Argumente der Konzerne

Die Hersteller von Medizinprodukten, wie Medtronic oder das Pharmaunternehmern Allergan, sind millionenschwere Unternehmen, die immer wieder in den Nachrichten auffallen und sogar Schadensersatzzahlungen in ihren Umsatz mit einkalkulieren. Produktfehler werden in Kauf genommen, da sie im großen Ganzen profitabel sind. Die juristischen Abteilungen der Konzerne versuchen regelmäßig, die Produktfehler auf andere Ursachen zurückzuführen. Typische Argumente der Konzerne sind Allergien oder Vorerkrankungen der Patienten, falsche Platzierung von Implantaten oder eine Überbelastung des Medizinproduktes. Auch mit Verjährung wird gerne argumentiert. So ist ein Rechtstreit mit den medizinischen Konzernen meist eine langjährige und komplizierte Angelegenheit. Lassen Sie sich bei einem Problem mit einem Medizinprodukt schnellstmöglich von einem kompetenten Anwalt beraten!

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