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Scheidung und Vermögen: Das müssen Sie über Aufteilung und Ausgleich wissen

Das passiert mit Ihrem Vermögen, wie Immobilien, bei der Scheidung.
22. März 2022

Eine anstehende Scheidung wirft viele Fragen auf: Wer bekommt das Haus? Das Auto? Die Ersparnisse? Erbschaften? Schreckenserzählungen von anderen Paaren und wie deren Vermögen nach einer Scheidung aufgeteilt wurde, gibt es viele. Doch keine Sorge: Wir erklären Ihnen, was mit Ihren Vermögenswerten bei einer Trennung passiert und worauf Sie achten sollten.

Inhaltsverzeichnis

  1. Vermögen bei einer Scheidung: Ehevertrag, Gütertrennung und Vermögensausgleich
  2. Wer ohne Ehevertrag heiratet, lebt in einer Zugewinngemeinschaft.
  3. Anfangsvermögen und Endvermögen bei einer Scheidung
  4. Gemeinsames Vermögen
  5. Erbe und Schenkungen bei einer Scheidung
  6. Zugewinnausgleich berechnen
  7. Pflicht zur Auskunft über das Vermögen im Scheidungsverfahren
  8. Keine gute Idee: Scheidung einreichen und Vermögen verschenken
  9. Zugewinnausgleich vor der Scheidung
  10. Fazit: Der Zugewinnausgleich ist bei einer Scheidung die fairste Lösung.

Vermögen bei einer Scheidung: Ehevertrag, Gütertrennung und Vermögensausgleich

Der einfachste Fall ist, wenn bei der Trennung ein Ehevertrag vorliegt. Dieser regelt, wie das Vermögen bei einer Scheidung aufgeteilt wird. So vereinbaren die Eheleute zum Beispiel die Zahlung einer pauschalen Summe oder dass bestimmte Wertgegenstände in ihrem Besitz bleiben.

Eine weitere Möglichkeit ist die Gütertrennung. Sie kann innerhalb des Ehevertrags oder während der Scheidung vereinbart werden. Sie legt fest, dass während der Ehe beide Partner ihr Vermögen weiter unabhängig voneinander verwalten.

Gemeinsam angeschaffte Dinge wie Hausrat, ein Auto oder ein Haus werden nach dem Einreichen der Scheidung aufgeteilt. Ist kein Ehevertrag vorhanden können Sie den Vermögensausgleich in einem nachträglichen Ehevertrag, einer Scheidungsfolgenvereinbarung, verbindlich regeln.

Gut zu wissen:

Ehevertrag und Gütertrennung müssen notariell beglaubigt sein, sonst sind sie vor Gericht wertlos.

Wer ohne Ehevertrag heiratet, lebt in einer Zugewinngemeinschaft.

Eheverträge werden in Deutschland aber nur selten geschlossen. Die meisten Ehepartner leben automatisch im rechtlichen Zustand einer Zugewinngemeinschaft. Das heißt, die Güter der Paare bleiben auch während der Verbindung getrennt und nach einer Scheidung kann derjenige Ehepartner, der während der Ehe weniger erwirtschaftet hat, einen Zugewinnausgleich beantragen. Dabei ist vollkommen unerheblich, wer während der Partnerschaft mehr verdient hat und wer was bezahlt hat.

Gut zu wissen:

Der Zugewinnausgleich erfolgt nur, wenn ein Anwalt den betreffenden Antrag beim Familiengericht einreicht. Drei Jahre nach der Scheidung erlischt der Anspruch automatisch.

Anfangsvermögen und Endvermögen bei einer Scheidung

Doch wie wird ermittelt, was die Eheleute erwirtschaftet haben? Dazu sind zwei Termine wichtig: das Datum der standesamtlichen Trauung und das der Zustellung des Scheidungsantrages. Am Tag der Eheschließung wird das Anfangsvermögen der Ehepartner bestimmt. Dazu gehören unter anderem:

  • Bankguthaben
  • Bargeld
  • Aktien
  • Wertpapiere
  • Kapital-Lebensversicherungen
  • Bausparverträge
  • Immobilien
  • Antiquitäten
  • Autos

Schulden werden ebenso berücksichtigt, weswegen das Anfangsvermögen eines oder beider Eheleute zu Beginn der Verbindung negativ sein kann. Das zweite entscheidende Datum für die Berechnung des Zugewinnausgleichs ist der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags. An ihm wird das Endvermögen ermittelt, das dieselben Werte umfasst wie das Anfangsvermögen. Also Wertpapiere, Sparkonten, Immobilien etc. Von ihnen wird aber nur der Geldwert für die Scheidung erfasst.

Gut zu wissen:

Lässt sich das Anfangsvermögen nicht mehr genau belegen, wird es auf null Euro angesetzt. Hat ein Ehepartner am Ende der Scheidung mehr Schulden als zu Beginn, legt der Gesetzgeber den Zugewinn ebenfalls auf null Euro fest.

Gemeinsames Vermögen

Eingeschlossen im Vermögen bei einer Scheidung sind auch zusammen erworbene Werte. Sie werden anteilig berechnet. Ein gemeinsam gekauftes Haus für 600.000 Euro fließt jeweils mit 300.000 Euro in das Endvermögen der Eheleute ein.

Auch die Rentenansprüche werden beim Einreichen der Scheidung für die Zugewinngemeinschaft berücksichtigt. Es erfolgt ein Versorgungsausgleich, in dem die Eheleute die Ansprüche je zur Hälfte teilen. Ausgenommen aus dem Endvermögen ist der Hausrat, der gesondert behandelt wird.

Achtung:

Eine Ehe endet offiziell erst mit der Zustellung der Scheidungsbeschlusses. Alles was bis dahin erwirtschaftet wird, beispielsweise im Trennungsjahr, zählt noch zum Zugewinnausgleich.

Erbe und Schenkungen bei einer Scheidung

Ein Sonderfall für das Vermögen bei Scheidungen sind Schenkungen an einen der Ehepartner oder ein Erbe, das im Verlauf der Ehe angetreten und am Ende der Partnerschaft noch vorhanden ist. Sie sind ausgenommen und werden dem Anfangsvermögen zugerechnet.

Dies gilt aber nicht für Gewinne, die damit im Lauf der Ehe erzielt wurden. Ist ein Erbe von 100.000 Euro zum Beispiel durch Bankzinsen auf 120.000 Euro gewachsen, werden diese dem Endvermögen zugeschlagen. Die Differenz zum Anfangsvermögen ist der Zugewinn, der geteilt wird.

Das gilt auch für Vermögenszuwächse im Lauf einer Scheidung, die auf einer marktbedingten Wertsteigerung beruhen. Erbt einer der Ehepartner etwa ein Haus, das zu Beginn der Ehe 300.000 Euro wert ist und zum Inkrafttreten der Scheidung aufgrund steigender Grundstückspreise 500.000 Euro, hat er 200.000 Euro Zugewinn erwirtschaftet.

Zugewinnausgleich berechnen

Dieses Prinzip wird bei allen Vermögenswerten beim Einreichen der Scheidung angewandt. Um das Endvermögen mit dem Anfangsvermögen vergleichen zu können, greifen die Familiengerichte auf die Preissteigerungsraten des Statistischen Bundesamtes zurück. Dieses veröffentlicht jährlich den Verbraucherpreisindex, der angibt, wie sich die Kaufkraft ändert. Er findet in dieser Formel zur Berechnung des Zugewinns Anwendung:

Ein Beispiel: Frau Weber heiratet 2005 und besitzt zu diesem Zeitpunkt 30.000 Euro. Der Verbraucherpreisindex für dieses Jahr liegt bei 86,4. 2015 lässt sie sich scheiden, ihr Endvermögen beträgt 80.000 Euro. Der Verbraucherpreisindex in diesem Jahr liegt bei 100. In einer reinen Nettorechnung hätte sie 50.000 Euro erwirtschaftet.

Laut der Formel oben (30.000 x 100 / 86,4) entspricht ihr Anfangsvermögen aber 34.722 Euro. Dementsprechend beträgt ihr Zugewinn nur 45.278 Euro. Diese Rechnung zum Vermögen bei einer Scheidung wird bei beiden Ehegatten durchgeführt.

Will man den Zugewinnausgleich berechnen, werden die Zugewinne der Eheleute saldiert. Die Differenz in unserem Beispiel beträgt 16.852 Euro. Die Ehefrau, die weniger erwirtschaftet hat, kann nun die Hälfte dieses Betrages als Zugewinnausgleich bei einer Scheidung von ihrem Ehemann verlangen.

Gut zu wissen:

Der Zugewinnausgleich ist gedeckelt. Er muss nur bis zur Höhe des tatsächlich vorhandenen Vermögens bei einer Scheidung gezahlt werden.

Pflicht zur Auskunft über das Vermögen im Scheidungsverfahren

Voraussetzung dafür ist, dass beide Ehepartner bei der Scheidung über das Vermögen des anderen informiert sind. Dazu muss der eine den anderen Ehegatten ausdrücklich zur Auskunft auffordern, nur dann ist dieser verpflichtet, seine Finanzen offenzulegen. Dies gilt aber nur zu drei Terminen: dem Tag der Hochzeit, der Trennung und des Inkrafttretens der Scheidung. Der Zeitraum dazwischen muss nicht offengelegt werden.

Diese Angaben müssen mit Belegen bewiesen werden. Das soll den Eheleuten einen Überblick verschaffen, ob ein Anspruch auf Vermögensausgleich besteht. Oft stockt es an diesem Punkt, weshalb es von Vorteil ist, einen Rechtsanwalt einzuschalten. Es kommt immer wieder vor, dass Ehegatten falsche Angaben machen oder Konten verschweigen, im Glauben, ihr Geld so “retten” zu können.

Keine gute Idee: Scheidung einreichen und Vermögen verschenken

Eine weitere vermeintliche Methode, um im Falle einer Scheidung Vermögen zu sparen ist, es an Dritte zu übertragen oder gar zu verschenken. Der Plan: Das eigene Geld vor dem vermeintlich gierigen Ex-Partner retten. Das ist allerdings ein Trugschluss. Auch über solche Werte muss Auskunft gegeben werden, selbst wenn sie vor der Trennung transferiert wurden. Sie sind weiterhin Teil des Vermögensausgleichs, selbst, wenn sie zum Zeitpunkt der Scheidung nicht mehr vorhanden sind. Die Ehepartner müssen diesen Verdacht allerdings beweisen, da sonst der Auskunftsanspruch nur schwer durchzusetzen ist.

Zugewinnausgleich vor der Scheidung

Der einfachste Weg ist aber sicherlich, den Zugewinnausgleich und somit das aufzuteilende Vermögen der Scheidung bereits vorher zu regeln. Hier kann sich zum Beispiel darauf geeinigt werden, dass bestimmte Vermögenswerte nicht dem Anfangs- und Endvermögen zugerechnet werden, eine pauschale Abfindung vorgenommen oder ganz auf den Zugewinnausgleich verzichtet wird.

Dadurch lassen sich enorme Kosten sparen. Dabei sollten Ehepartner immer darauf achten, diese Absprachen notariell beglaubigen zu lassen oder in einer Scheidungsvereinbarung festzuhalten. Private Regelungen haben vor Gericht keinen Bestand. Zudem bestehen Zugewinngemeinschaft und Auskunftspflicht bis zum offiziellen Ende der Ehe.

Teilt das Paar zum Beispiel sein Vermögen fair auf und gibt einer von beiden seinen Anteil innerhalb des Trennungsjahres aus, könnte er zum Scheidungstermin den Ausgleich des Zugewinns fordern – was sogar rechtens ist. Er kassiert in diesem Fall zweimal. Was mit Sicherheit nicht die beste Grundlage ist, um eine einvernehmliche Scheidung zu erzielen.

Fazit: Der Zugewinnausgleich ist bei einer Scheidung die fairste Lösung

Die Trennung des Vermögens bei einer Scheidung ist gar nicht so kompliziert. In den meisten Fällen leben die Eheleute in einer Zugewinngemeinschaft. Im Scheidungsverfahren wird nur berücksichtigt, was sie im Laufe ihrer Ehe als Einzelpersonen und gemeinsam erwirtschaftet haben.

Der Zugewinnausgleich sorgt dafür, dass beispielsweise die Frau, die die Betreuung der Kinder übernommen hat und deswegen nur halbtags arbeitete, am Ende der Ehe nicht schlechter gestellt ist als ihr Ex-Partner. Er gleicht das finanzielle Ungleichgewicht, das im Lauf der Beziehung entstanden sein kann, am Ende aus. Das ist in den meisten Fällen eine faire Lösung für alle Beteiligten. Und der beste Weg in eine einvernehmliche Scheidung.

Autoren

Claudia Sturm ist Gründerin und Geschäftsführerin der CSR Sturm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Zusammen mit Rechtechteck verhilft sie getrennten Paaren zu einer einvernehmlichen Scheidung. Sie hat stets einen Blick über den Tellerrand hinaus und geht unkonventionelle Wege. Als Rechtsanwältin ist sie spezialisiert auf Allgemeines Zivilrecht, Familienrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht und Zwangsvollstreckungsrecht. Sie ist Lehrbeauftragte der Hochschule Heilbronn, Referentin zahlreicher Fachvorträge und Autorin juristischer Fachartikel.

Unsere Rechts-Redaktion setzt sich intensiv mit verbraucherrelevanten Rechtsthemen auseinander und bereitet sie in enger Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten und Experten so auf, dass man sie auch ohne Staatsexamen versteht. Bei uns finden Sie Ratgeber-Artikel zu Rechtsgebieten wie Scheidungsrecht, Arbeitsrecht, Medizinrecht, dem Abgassskandal oder diversen Geldanlage-Themen.

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