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Urlaubsanspruch bei Kündigung: Nehmen oder auszahlen lassen?

11. Juni 2019

Trotz der stetig sinkenden Arbeitslosenquote in Deutschland werden täglich Arbeitsverhältnisse beendet. Meist laufen befristete Verträge aus oder der Arbeitnehmer entscheidet sich für einen Jobwechsel. Im Zuge der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Wirtschaftslage kommt es leider auch immer wieder zu Betriebsschließungen und betriebsbedingten Kündigungen. Aber egal, wer am Ende die Kündigung ausgesprochen hat: Arbeitsrecht und Kündigungsschutzgesetz schützen sowohl den Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber. Trotzdem bleibt häufig der gesetzlich vorgeschriebene Urlaubsanspruch zu klären. 

Schließlich hat jeder Arbeitnehmer das Recht auf bezahlten Urlaub. Laut Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sind bei einer Fünf-Tage-Woche dafür beispielsweise 20 Werktage eingeräumt, solange keine tariflichen Sondervereinbarungen getroffen wurden. Auch Mitarbeiter in der Probezeit haben einen anteiligen Urlaubsanspruch! Erfahren Sie in unserem Beitrag zum Urlaubsanspruch mehr darüber.

In diesem Artikel erfahren Sie, was bei einer Kündigung mit dem Resturlaub passiert, wie sich die Auszahlung des Resturlaubes berechnet und was bei einer Kündigung während des laufenden Kalenderjahres passiert

Was passiert bei einer Kündigung mit meinem Resturlaub? 

Hier sollten wir zunächst klar unterscheiden: Resturlaub bezeichnet eigentlich lediglich den Urlaub, den Sie aus einem mit in das nächste Jahr nehmen. Auch, wenn der Ausdruck in der Praxis sehr oft für den „restlichen Urlaub“ benutzt wird. Haben Sie noch Urlaubsansprüche aus dem letzten Jahr, müssen Sie diese abfeiern oder sich auszahlen lassen – echten Resturlaub aus dem Vorjahr können Sie nicht zum neuen Arbeitgeber überführen.

Kann ich mir meinen Urlaub bei Arbeitgeberwechsel oder Jobverlust auszahlen lassen?

Spannender wird es da schon beim tatsächlichen Jahresurlaub aus dem laufenden Kalenderjahr. In den meisten Fällen richtet sich der Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Grundsätzlich muss der Urlaub bis zum Ende der Anstellung genommen werden. 

Es kann aber passieren, dass aus betrieblichen Gründen (Personalmangel, saisonale Mehrarbeit, langwierige Krankheiten des Personals usw.) die anstehenden Urlaubstage nicht vollständig genommen werden können. In diesem Fall müssen die Urlaubstage ausgezahlt werden – auch, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigt oder seine Kündigung durch Fehlverhalten selbstverursacht hat.

Wie berechne ich den auszuzahlenden Betrag?

Der Anspruch auf Abgeltung von Urlaub ergibt sich aus §7 Abs. 4 BUrlG, die Höhe des ausgezahlten Betrags dagegen wird in §11 BUrlG festgelegt und bemisst sich nach ihrem Durchschnittsverdienst in den letzten 13 Wochen.

So berechnet sich der auszuzahlende Betrag durch das mathematische Produkt des Bruttogehalts der letzten 13 Wochen und des Resturlaubs in Tagen, dividiert durch die Anzahl der Arbeitstage der letzten 13 Wochen. 

Verdient ein Angestellter beispielsweise 2500 Euro bei 30 Arbeitstagen pro Monat, so berechnet sich der auszuzahlende Betrag für 5 verbleibende Urlaubstage wie folgt:

((2500 € x 13) x 5) : (30 x 13) =

(32.000 x 5) : 390 =

162.500 : 390 = 416,66 €

Bei einem Teilzeitjob gilt die gleiche Berechnungsformel unter Anpassung der Arbeitstage. 

Was ist, wenn weniger Arbeitstage bleiben, als Resturlaub und Überstunden zur Verfügung stehen? 

Vor allem aber längst nicht nur bei fristlosen Kündigungen kommt es vor, dass mehr Urlaub als Restarbeitszeit vorhanden ist. Wenn die Zeit bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht ausreicht, um den kompletten Resturlaub abzubauen, besteht ebenfalls ein Anspruch auf die Auszahlung des Urlaubsentgeltes (§ 7 Abs. 4 BurlG). Der Abgeltungsanspruch entsteht dabei nur, wenn der Urlaub bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer noch hätte genommen werden können. Daraus folgt, dass nicht entscheidend ist, ob die Kündigung durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber eingereicht wurde. In unserem Beitrag zur Abmahnung und Kündigung durch den Arbeitgeber erfahren Sie mehr dazu. 

Wie viel Urlaub habe ich eigentlich noch übrig?

Nur die wenigsten werden pünktlich zum 31.12. ihre alte Arbeit verlassen und am 01.01. das neue Anstellungsverhältnis beginnen. Viel häufiger endet ein Job irgendwann im Laufe des Jahres – und damit stellt sich die Frage: Wie viel Urlaub steht mir eigentlich beim alten Arbeitgeber noch zu?

Man unterscheidet hier zwischen einer Kündigung bis einschließlich 30.06. und einer Kündigung zwischen dem 01.07. und dem 31.12. des jeweiligen Jahres. Wer in der ersten Jahreshälfte kündigt, hat prinzipiell einen Anspruch auf ein Zwölftes seines Urlaubs für jeden vollen Kalendermonat beim alten Arbeitgeber. Haben Sie zum Beispiel 24 Urlaubstage und kündigen zum 31.03. stehen Ihnen 3×2=6 Urlaubstage zu, die Sie je nach Situation bis zum Ende der Anstellung nehmen oder sich auszahlen lassen können.

Prinzipiell gilt Ähnliches, wenn Sie während der Probezeit kündigen oder gekündigt werden, da Sie auch hier monatlich einen Teilanspruch auf Ihren Jahresurlaub erwirtschaften. Der muss bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses natürlich abgegolten werden.

Wer in der zweiten Jahreshälfte kündigt, hat dagegen Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen. Kündigen Sie also zum 31.07. haben Sie Anspruch auf 20 Tage Tag Urlaub, die Sie noch vor Ende des Anstellungsverhältnisses in Anspruch nehmen können. Urlaubsansprüche über den gesetzlichen Urlaub hinaus sind etwas komplizierter.

Möglichkeit 1: In Ihrem Arbeitsvertrag findet sich eine „pro rata temporis“-Klausel. Die regelt, dass Urlaubsansprüche über den gesetzlichen Mindestanspruch hinaus ebenfalls auf die Kalendermonate übertragen, sprich gezwölftelt werden. Den Anspruch auf den Mindesturlaub von 20 Tagen bei einer Kündigung in der zweiten Jahreshälfte darf auch eine „pro rata temporis“-Klausel nicht unterschreiten. In unserem Beispiel mit den 24 Urlaubstagen würde die Klausel ergo erst ab einer Kündigung zum 30.11. zu einer Änderung führen: 11 Monate geteilt durch 12 Monate mal 24 Tage Urlaubsanspruch ergibt 22 Tage.

Ohne diese Klausel haben Sie normalerweise den vollen Anspruch auf Urlaub bei einer Kündigung in der zweiten Jahreshälfte – vorausgesetzt, Sie arbeiten auch bereits seit dem 01.01. bei Ihrem Arbeitgeber und haben nicht nur einen anteiligen Urlaubsanspruch erworben, als Sie während des Jahres zu Ihrem Arbeitgeber gewechselt sind.

Was passiert, wenn mitten im Jahr gekündigt wird, der Jahresurlaub aber bereits genommen wurde?

In den meisten Fällen richtet sich der Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG).
In den meisten Fällen richtet sich der Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG).

Wann und wie Sie Ihre Urlaubstage verteilen, ist eine Sache der Absprache mit dem Arbeitgeber. So können Sie schon in der ersten Jahreshälfte alle Urlaubstage genommen haben. Die einzige Voraussetzung ist, dass Sie zu diesem Zeitpunkt mindestens sechs Monate im Unternehmen tätig waren (§ 4 BurlG) und dass der Arbeitgeber den Urlaub genehmigt hat. Wenn Sie jetzt aber zum 30.06. kündigen und vorher schon 30 Tage Urlaub verbraten haben, müssen Sie dann die 15 Tage zurückzahlen, auf die Sie theoretisch noch keinen Anspruch für das laufende Jahr erworben haben?

Nein. §5 Abs. 3 BUrlG regelt das sehr eindeutig: „Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Buchstabe c bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.“

Wie viel Urlaub habe ich im neuen Job?

Wenn mit dem alten Arbeitgeber alle Formalität geklärt sind, kommt die nächste Frage: Wie viel Urlaub steht mir denn bei meinem neuen Arbeitgeber zu? Im neuen Job erarbeiten Sie sich normalerweise jeden Monat 1/12 Ihres Jahresurlaubs pro Monat, den Sie dort arbeiten. Prinzipiell haben Sie aber keinen doppelten Anspruch auf Jahresurlaub, beim Übergang verlangt die Personalabteilung des neuen Arbeitgebers deshalb meist eine Urlaubsbescheinigung vom Arbeitnehmer.

Die muss der alte Arbeitgeber ausstellen, darauf hat der Ex-Arbeitnehmer auch dann ein Recht, wenn das Arbeitsverhältnis im Schlechten auseinander gegangen ist. Wie hoch der genaue Urlaubsanspruch ist, richtet sich dann nach der Anzahl der bereits genommen Tage beim alten Arbeitgeber. Kompliziert wird es immer dann, wenn Sie in beiden Arbeitsverhältnissen unterschiedliche Ansprüche haben.

Beispiel 1: Sie haben zum 30.09. beim alten Arbeitgeber gekündigt, dort hatten Sie 20 Tage Urlaub, die Sie bereits vollständig genommen haben. Beim neuen Arbeitgeber haben Sie 30 Tage Urlaub, von denen Sie pro vollem Arbeitsmonat Anrecht auf 1/12 erwerben. Ihnen stehen also für das laufende Jahr noch 3 x 2,5 Urlaubstage zu.

Beispiel 2: Sie haben zum 30.09. beim alten Arbeitgeber gekündigt, dort hatten Sie 28 Tage Urlaub, die Sie bereits vollständig genommen haben. Beim neuen Arbeitgeber haben sie 24 Tage Urlaub – damit haben Sie für den Rest des Jahres keinen Urlaub mehr übrig, da Sie nicht mehr als die 24 Urlaubstage beim neuen Arbeitgeber anhäufen können.

Wohlgemerkt: „genommen haben“ kann in diesem Fall auch bedeuten, dass Sie sich haben ausbezahlen lassen, etwa weil zwischen alter und neuer Arbeit noch zwei Monate Arbeitssuche lagen. Auch bei einer Abgeltung gilt Ihr Urlaubsanspruch als erfüllt.

Ist Freistellung Urlaub?

Wenn Sie nach einer Kündigung bezahlt freigestellt werden, ist damit nicht pauschal auch Ihr Urlaubsanspruch abgegolten. In der Praxis werden Freistellung und Urlaub allerdings kombiniert und die Freistellung unter Anrechnung der verbleibenden Urlaubstage gewährt. Dies ist oft ein wichtiger Bestandteil eines Aufhebungsvertrags.

Urlaubsansprüche bei Krankheit während der Kündigung

Gerade bei einer personenbedingten Kündigung wegen Krankheit kommt es vor, dass der gekündigte Arbeitnehmer noch Urlaubsansprüche hat, die er aufgrund seiner Krankheit nicht in Natur in Anspruch nehmen kann. In diesem Fall ist der Urlaub abzugelten, problematisch wird es allerdings, wenn sich durch lange Krankheit Urlaubstage anhäufen. Zwar verfällt der Urlaub laut §7 Abs. 3 BUrlG, wenn er nicht in den ersten drei Monaten des nächsten Kalenderjahres genommen wird, der Europäische Gerichtshof hat hier jedoch einen Riegel vorgeschoben, zumindest teilweise.

Um dem erkrankten Arbeitnehmer seine Rechte zuzugestehen, aber eine untragbare Anhäufung von Urlaubsansprüchen zu vermeiden, verfallen die Urlaubstage in einem solchen Fall 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres, was die Frist aus §7 Abs. 3 BUrlG um ein Jahr verlängert.

Urlaubsgeld vs. Urlaubsentgelt – was ist der Unterschied?

Im Zuge der Recherche über die Vergütung von Urlaubstagen kommt es immer wieder zu Verwirrung was diese beiden Begriffe angeht, deswegen gilt es hier, streng zu unterscheiden.

Urlaubsentgelt ist die Vergütung, die Sie für Ihre bezahlten Urlaubstage erhalten. Wenn Ihnen Urlaub zusteht, steht Ihnen an genommen Tagen diese Vergütung zu und wenn Sie sich Urlaub auszahlen lassen, werden Ihre Ansprüche auf Urlaubsentgelt abgegolten.

Urlaubsgeld dagegen ist eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers ähnlich dem Weihnachtsgeld. Ob und in welcher Höhe Sie Anspruch darauf haben oder eventuell schon erhaltene Zahlungen zurückgegeben müssen, ist meist vertraglich geregelt und hat auf das Urlaubsentgelt keinen Einfluss.

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