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Arbeitslos melden – wann bekomme ich wie viel Arbeitslosengeld?

Wer sich rechtzeitig arbeitssuchend meldet, riskiert keine Sperrfristen und bekommt schnelle Hilfe bei der Jobsuche.

Wer gekündigt wurde, muss schnell sein – mit einer möglichen Kündigungsschutzklage genauso wie mit der Meldung als arbeitssuchend.
1. September 2020

Eine Kündigung ist nicht das Ende der Welt. Egal, ob Ihnen gekündigt wurde oder ob Sie selbst einen Schlussstrich gezogen haben, bedeutet das Ende Ihres Arbeitsverhältnisses immer auch einen Neuanfang. Damit der reibungslos läuft und Sie sich voll und ganz auf Ihre nächsten Schritte konzentrieren können, hilft Ihnen die Agentur für Arbeit bei der Jobsuche und der Finanzierung Ihres Lebensunterhalts bis Sie eine neue Stelle gefunden haben. Dafür müssen Sie sich jedoch arbeitslos oder besser: arbeitssuchend melden.  

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Wann muss ich mich arbeitssuchend melden? 

Prinzipiell müssen Sie sich drei Monate vor Ende Ihres Beschäftigungsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit melden. Dies ist jedoch dank kürzerer Kündigungsfristen oft gar nicht möglich, dann müssen Sie die anstehende Arbeitslosigkeit 3 Tage nach Zugang der Kündigung anzeigen. Verspäten Sie sich dabei, kann es zu Verzögerungen bei der Abwicklung eines eventuellen Arbeitslosengeld-Antrags und schlimmstenfalls zu einer Sperrzeit von einer Woche kommen.  

Wohlgemerkt: Zunächst melden Sie sich arbeitssuchend, dann beginnt das Arbeitsamt bereits damit, Sie bei der Suche nach einer neuen Stelle zu unterstützen. Den Antrag auf Arbeitslosengeld stellen Sie, wenn klar ist, dass sich an Ihren alten Job nicht direkt ein neuer anschließt, spätestens am ersten Tag ohne Beschäftigung. Sowohl für die Meldung als Arbeitssuchender als auch für den Antrag auf Arbeitslosengeld haben Sie folgende Möglichkeiten:  

Gerade in Corona-Zeiten sind persönliche Termine eher selten und ohnehin nur auf Anfrage möglich. Die Telefonleitungen sind meist überlastet. Die Online-Variante ist für die meisten Arbeitssuchenden derzeit wohl die sinnigste Lösung.  

Auch, wenn Sie eine Kündigungsschutzklage einreichen oder derzeit noch einen Aufhebungsvertrag aushandeln, sollten Sie sich in jedem Fall schon einmal arbeitssuchend melden. Sollte sich der Austritt aus dem Unternehmen hinziehen, etwa bei einer Prozessbeschäftigung oder schneller eintreten, weil Sie die Kündigungsfristen nicht einhalten, ist die Agentur für Arbeit immerhin schon an Bord, um mit Ihnen weitere Schritte abzustimmen.

Ein Mann sitzt auf der Couch, die Füße auf dem Couchtisch. Er meldet sich gerade online arbeitslos.
Die Meldung als arbeitssuchend und den Antrag auf Arbeitslosengeld erledigen Sie am besten beides online.

Welche Unterlagen brauche ich, um mich arbeitssuchend zu melden? 

Damit die Agentur für Arbeit Sie möglichst umfassend unterstützen kann und die Bearbeitung des Antrags auf ALG I möglichst störungsfrei über die Bühne geht, benötigen Sie spätestens bei einem eventuellen persönlichen Termin folgende Unterlagen:  

  • Personalausweis (alternativ Reisepass) 
  • Sozialversicherungsnummer (finden Sie auf Ihrer Lohnabrechnung) 
  • Kündigungsschreiben und letzten Arbeitsvertrag 
  • Lebenslauf 

Ohne diese Dokumente kann es Verzögerungen bei der Bearbeitung Ihres Antrags kommen.  

Wer hat Anrecht auf Arbeitslosengeld? 

Grundsätzlich unterscheidet man das Arbeitslosengeld in ALG I und ALG II, auch bekannt als Hartz 4. ALG II ist eine Grundsicherung, die jedem zusteht, der seinen Lebensunterhalt nicht anderweitig bestreiten kann. ALG I dagegen ist eine Versicherungsleistung, deren Höhe sich nach Ihrem vorhergehenden Einkommen berechnet. Um dieses Arbeitslosengeld zu beziehen, müssen Sie einige Voraussetzungen erfüllen:  

  • Sie sind derzeit ohne Beschäftigung. 
  • Sie müssen in den letzten 30 Monaten mindestens 12 Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein, das nennt man die Anwartschaftszeit. Dazu können auch Arbeitszeiten aus anderen EU-Ländern, Norwegen, Liechtenstein, Island oder der Schweiz zählen, wenn Sie zwischenzeitig wieder in Deutschland versicherungspflichtig gearbeitet haben. 
  • Sie müssen sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben. 
  • Sie sind für mindestens 15 Stunden die Woche arbeitsfähig.  

Auch die Kooperation mit der Agentur für Arbeit spielt eine Rolle, Sie müssen etwa persönliche Termine wahrnehmen, wenn Sie keine Sperrzeiten riskieren möchten. Daneben gibt es Möglichkeiten, sich bestimmte Zeiten auf die Anwartschaftszeit anrechnen zu lassen, etwa Zeiten, in denen Sie ein Kind unter 3 Jahren erzogen haben.  

Wie viel Arbeitslosengeld bekomme ich? 

Um Ihr Arbeitslosengeld zu berechnen, nehmen Sie Ihr Brutto-Gehalt der letzten 12 Monate. Das wird durch 365 gerechnet – von diesem Ergebnis wiederum werden Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und eine 20-Prozent-Pauschale für die Sozialversicherung abgezogen, um Ihr Netto-Entgelt pro Tag zu errechnen. 60 Prozent davon, beziehungsweise 67 Prozent, wenn Sie oder Ihrer Partner Kinder haben, erhalten Sie als Arbeitslosengeld pro Tag.  

Beispiel für die Berechnung des Arbeitslosengeldes:  

Sie verdienten in den letzten 12 Monaten 3.500 Euro monatlich Brutto, insgesamt also 42.000 Euro pro Jahr oder 115,07 Euro pro Tag. Sie haben zwei Kinder mit Ihrem Ehemann und Lohnsteuerklasse 4 ohne Faktor.  

Von den 115,07 Euro ziehen Sie jetzt ab: 

  • 17,49 Euro Lohnsteuer 
  • 0,96 Euro Solidaritätszuschlag 
  • 23,01 Euro Sozialversicherung 

Es bleiben 73,61 Euro als tägliches Netto-Entgelt übrig, mit denen Sie Ihren Tages-Anspruch berechnen können:  

73,61€ x 67% = 49,32€ 

In einem Monat mit 30 Kalendertagen würden sie also 1479,60 Euro Arbeitslosengeld erhalten.  

Wie lange bekomme ich Arbeitslosengeld? 

Die Dauer Ihres Anspruchs hängt maßgeblich davon ab, wie lange Sie innerhalb der letzten fünf Jahre versicherungspflichtig beschäftigt waren. Wer die Rahmenfrist von 12 Monaten innerhalb der letzten 30 Monate erfüllt, hat grundsätzlich Anspruch auf 6 Monate Arbeitslosengeld. Danach gilt: pro 2 Monaten zusätzlicher versicherungspflichtiger Tätigkeit innerhalb der letzten 5 Jahren steht Ihnen 1 Monat ALG I extra zu. Das gilt bis zu einem Maximum von 12 Monaten Arbeitslosengeld-Anspruch bei 24 Monaten versicherungspflichtiger Tätigkeit innerhalb der letzten 5 Jahre.  

Der Faktor der diesen Anspruch verlängern kann ist das Alter. Prinzipiell geht man bei älteren Arbeitnehmern von schlechteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt aus. Ab dem 50. Lebensjahr steigt die Anspruchs-Dauer deshalb nach und nach an, mit 58 Jahren erreichen Arbeitnehmer den Höchstanspruch von 24 Monaten ALG I. Für einen Anspruch von dieser Länge müssen Sie jedoch auch 4 der letzten 5 Jahre versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein.  

Sperrfristen und Ruhezeiten beim Arbeitslosengeld 

Je nachdem, wie Sie aus Ihrem letzten Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, kann es zu Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld kommen. Diese sind in §159 SGB III geregelt und fallen je nach “Verstoß” enorm unterschiedlich aus. Wenn Sie sich gerade erst arbeitssuchend melden, sind vor allem folgende beiden Sperrzeit-Gründe wichtig:  

  • Bei verspäteter Arbeitssuchendmeldung erwartet Sie 1 Woche Sperrzeit. 
  • Bei einer Eigenkündigung ohne wichtigen Grund oder einer selbstverschuldeten Kündigung (etwa bei einer fristlosen Kündigung wegen Diebstahls) erwarten Sie 12 Wochen Sperrfrist. 

Daneben verkürzt eine Sperrzeit auch die Dauer des Arbeitslosengeld-Anspruchs. Im Fall der Eigenkündigung sogar um ein ganzes Viertel. Entsprechend sollten Sie nur dann selbst Ihr Arbeitsverhältnis selbst kündigen, wenn Sie bereits eine neue Stelle in Aussicht haben oder aus “wichtigem Grund”. Dieses etwas schwammige Formulierung wird in der Praxis sehr individuell beurteilt, regelmäßig akzeptiert wird etwa der Umzug zum Partner, aber natürlich auch dringliche Gründe, die sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Beispielsweise ausbleibende Lohnzahlungen oder sexuelle Belästigung. 

Eine Frau im Anzug sitzt an einem Tisch, vor Laptop und Kaffeetasse und denkt angestrengt-frustriert nach. Sie hat gerade erfahren, dass ihr ihr Nebenjob auf ALG 1 angerechnet wird.
Wer Arbeitslosengeld bezieht, muss Nebenjobs bei der Agentur für Arbeit anzeigen.

Werden Nebenjobs auf das Arbeitslosengeld angerechnet? 

Ja. Wer nebenbei Geld verdient, muss sich das anrechnen lassen, allerdings erst ab einem Freibetrag von 165 Euro, den Sie außerdem über Werbungskosten, etwa für die Fahrten zur Arbeit, erhöhen können. Außerdem dürfen Sie maximal 15 Stunden pro Woche arbeiten – wer mehr arbeitet, gilt nicht länger als arbeitssuchend. In jedem Fall sind Sie verpflichtet, der Agentur für Arbeit Ihre Nebentätigkeiten zu melden.  

Was kann ich tun, wenn ALG I meinen Lebensunterhalt nicht absichert? 

Nur weil Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, bedeutet das nicht immer, dass Sie auch davon leben können. Deswegen hält der Sozialstaat einige Hilfen parat, die Sie und Ihre Familie zusätzlich entlasten können. Viele Arbeitssuchende nehmen diese Hilfen aus Scham oder Unkenntnis nicht in Anspruch. Ein Fehler: Eine abgesicherte Familie, die sich etwas weniger Sorgen um Geld machen muss, hält Ihnen Rücken und Kopf frei und Sie können sich besser auf die Jobsuche konzentrieren.  

Zusätzlich zum ALG I stehen Ihnen je nach finanzieller Situation eventuell folgende Hilfen zu:  

  • Wohngeld oder Lastenzuschuss, je nachdem ob Sie Mieter oder Eigentümer sind – beides müssen Sie je nach Wohnort bei Stadt, Gemeinde oder Landkreis beantragen.  
  • Kinderzuschlag, sofern Sie Kindergeld für Ihren Nachwuchs beziehen. 
  • Leistungen für Bildung und Teilhabe für Ihre Kinder als Einzelzuschüsse (etwa bei Schulausflügen), sofern Sie Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen.  
  • Arbeitslosengeld II zur Aufstockung – allerdings nur, wenn Sie kein Anrecht auf Wohngeld oder Kinderzuschlag zugestanden bekommen.  

Bin ich verpflichtet, mich arbeitslos zu melden? 

Prinzipiell sind Sie nicht verpflichtet, die Agentur für Arbeit zu informieren, wenn Sie kündigen oder gekündigt werden. Allerdings haben Sie dann auch kein Recht auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Sobald Sie beschäftigungslos sind, sind Sie außerdem selbst für die Beiträge der Krankenkasse verantwortlich, sofern Sie nicht arbeitssuchend gemeldet sind.  

Im Zweifel sollten Sie sich also selbst dann bei der Agentur für Arbeit oder dem zuständigen Jobcenter melden, wenn Sie bereits eine neue Stelle haben, aber einige Zeit überbrücken müssen. Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber läuft dadurch nicht nur Ihre Sozialversicherung weiter, Sie haben auch direkten Anspruch auf ALG I.  

Schließt Ihre neue Beschäftigung nahtlos an die alte an, müssen Sie dies nicht melden – dann kümmert sich der neue Arbeitgeber um alle Formalitäten.  

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