Vor Gericht gibt es immer wieder Streit um die Umkleidezeit und ihre Bezahlung. Viele Arbeitnehmer wollen oder müssen sich im Betrieb umziehen. RECHTECHECK beantwortet die wichtigsten Fragen dazu:
Wann ist Umziehen Arbeitszeit?
Ob Umziehen zur Arbeitszeit zählt oder nicht, hängt von den Umständen ab. Die Umkleidezeit zählt nur dann zur Arbeitszeit, wenn das Umziehen vor Ort vom Chef angeordnet wurde, wenn es aus anderen Gründen vorgeschrieben ist oder wenn es nicht zumutbar ist, den Arbeitsweg mit der Arbeitskleidung zurückzulegen. Hier einige Beispiele:
- Aus hygienischen Gründen kann die Arbeitskleidung erst direkt vor Arbeitsbeginn angezogen werden, da sie unterwegs verschmutzt werden könnte.
- Die Arbeitskleidung ist schwer, sperrig oder unbequem. Ein Beispiel dafür ist Schutzkleidung.
- Die Kleidung wird bei der Arbeit so schmutzig, dass der Heimweg damit unzumutbar ist.
- Die Arbeitskleidung ist auffällig und der Mitarbeiter möchte in seiner Freizeit nicht mit seiner Arbeit in Verbindung gebracht werden. Dafür reicht bereits ein aufgedrucktes Firmenlogo (Bundesarbeitsgericht, Az: 5 AZR 245/17).
Zur Abgrenzung ein paar Gegenbeispiele, wann Umziehen keine Arbeitszeit ist:
- Der Arbeitnehmer pendelt mit dem Motorrad und muss deshalb seine Motorrad-Schutzkleidung ablegen bzw. wieder anlegen.
- Am Arbeitsplatz ist „Business-Kleidung“ (Anzug und Krawatte) vorgeschrieben, der Mitarbeiter pendelt aber in Jeans und T-Sirt.
Idealerweise wird die Umkleidezeit direkt als Arbeitszeit erfasst, beispielsweise indem morgens vor dem Umziehen und abends danach „gestempelt“ wird. Ansonsten kann die Umkleidezeit auch angemessen geschätzt werden.
Gut zu wissen: Auch der Weg von der Umkleide (bzw. dem Spind) zum eigentlichen Arbeitsplatz und zurück zählt als Arbeitszeit, sofern das Umziehen Arbeitszeit ist.
Wann muss Umkleidezeit bezahlt werden?
Grundsätzlich gilt: Ist das Umziehen Arbeitszeit, muss es auch bezahlt werden. Damit gilt beispielsweise auch für die Umkleidezeit der Mindestlohn. Allerdings können Arbeitgeber die Vergütung von Umkleidezeiten im Arbeitsvertrag oder in Tarifverträgen ausschließen. Das gilt sogar für das An- und Ablegen von Schutzkleidung (Bundesarbeitsgericht, Az: 5 AZR 110/21).
Wichtig: Selbst wenn die Umkleidezeit nicht bezahlt wird, kann sie trotzdem weiter als Arbeitszeit gelten. Das ist beispielsweise wichtig in Bezug auf die zulässigen Höchst-Arbeitszeiten nach dem Arbeitszeitgesetz.