Durch eine Abmahnung wird das Fehlverhalten des Arbeitnehmers gerügt
Häufiges Zuspätkommen, Unfreundlichkeiten gegenüber den Kollegen oder dem Chef oder privates Surfen im Internet am Arbeitsplatz führen oft zu einer Abmahnung Solche Verhaltensweisen entsprechen schließlich nicht den Erwartungen, die der Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer hat. Eine Kündigung kommt wegen solcher Verhaltensweisen aber nur als letzte erdenkliche Möglichkeit in Betracht. Für eine verhaltensbedingte Kündigung ist nämlich eine negative Zukunftsprognose erforderlich. Eine solche negative Zukunftsprognose kommt vor allem dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer ein Fehlverhalten wiederholt, wegen dem er bereits abgemahnt wurde.
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Eine Abmahnung ist eine individualrechtliche Erklärung des Arbeitgebers, durch die er dem Arbeitnehmer verdeutlicht, dass sein Fehlverhalten nicht weiter hingenommen wird. Sie hat also eine Warn- und Ankündigungsfunktion hinsichtlich einer bevorstehenden verhaltensbedingten Kündigung.
Übrigens: Auch in anderen Rechtsbereichen kommen Abmahnungen vor. Besonders oft werden beim Filesharing Abmahnungen massenhaft von spezialisierten Anwälten verschickt.
Abmahnung Arbeitsrecht: Strenge Voraussetzungen an Abmahnungsgründe
Eine Abmahnung ist nur wirksam, wenn sie ganz bestimmten Voraussetzungen entspricht. Es müssen bestimmte Abmahnungsgründe vorliegen und diese müssen dem Arbeitnehmer klar und deutlich aufgezeigt werden. Für den Arbeitnehmer muss zweifelsfrei erkennbar sein, um welches Fehlverhalten es sich genau handelt. Dabei reicht es nicht aus, wegen „häufigen Zuspätkommens“ abzumahnen. Datum und Uhrzeit des jeweiligen Zuspätkommens müssen aufgezeigt werden. Dem Arbeitgeber muss darüber hinaus deutlich gemacht werden, gegen welche arbeitsvertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten er durch sein Fehlverhalten verstoßen hat. Und dass der Arbeitgeber einen solchen Verstoß nicht duldet. Zuletzt muss eine Abmahnung die Klarstellung enthalten, dass der Arbeitnehmer im Wiederholungsfall mit einer verhaltensbedingten Kündigung rechnen muss.
Fehlt eine der genannten Voraussetzungen, ist die Abmahnung unwirksam. Der Arbeitnehmer kann dann die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen. Lenkt der Arbeitgeber nicht ein, kann die Entfernung auch arbeitsgerichtlich geltend gemacht werden. Hier empfiehlt es sich, Hilfe bei einem spezialisierten Rechtsanwalt zu suchen. Der Anwalt kann auch ohne Gerichtsprozess bei der Formulierung einer Gegendarstellung helfen.
Abmahnungsgründe liegen nach der aktuellen Rechtsprechung beispielsweise vor bei:
- der Teilnahme an einem rechtswidrigen Streik ohne vorherige Mitteilung an den Arbeitgeber (ArbG Braunschweig Az.: 3 Ca 84/16),
- der Nichtbefolgung der mehrfachen Anweisung einer Auszubildenden, die ausbildungsbegleitenden Kenntnisbögen auszufüllen (LAG Berlin-Brandenburg Az.: 10 Sa 1300/15),
- dem Fernbleiben von einer zu Recht angeordneten betriebsärztlichen Untersuchung. (LAG Mainz Az.: 5 Sa 141/15),
- der Herabwürdigung eines Schülers, der seine Hausaufgaben vergessen hatte, durch die Aufforderung, sich vor die Klasse zu stellen, sich selbst zu geißeln und sich mit der Hand auf die eigene Wange zu schlagen (LAG Sachsen-Anhalt Az.: 6 Sa 352/14).
Abmahnung: Kündigen kann der Arbeitgeber nicht aus demselben Grund
Eine Abmahnung muss nicht schriftlich erfolgen, sondern kann auch mündlich gegenüber dem Arbeitnehmer erklärt werden. Um später beweisen zu können, ob die Abmahnung wirksam oder unwirksam ist, sollte sie allerdings immer schriftlich erfolgen. Abzugrenzen ist die arbeitsrechtlich relevante Abmahnung von einer einfachen Ermahnung. Bei einer Ermahnung rügt der Arbeitgeber zwar auch ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers, allerdings stellt er dabei nicht weitere arbeitsrechtliche Sanktionen, wie eine Kündigung, in Aussicht.
Mahnt der Arbeitgeber ein bestimmtes Fehlverhalten des Arbeitnehmers wirksam ab, so kann er auf Grundlage dieses Verhaltens nicht später noch kündigen. Eine Kündigung ist dann erst aufgrund eines erneuten Fehlverhaltens möglich. Dann kann der Arbeitgeber die negative Zukunftsprognose auf das wiederholte Fehlverhalten trotz vorangegangener Abmahnung stützen. Wichtig ist allerdings, dass das erneute Fehlverhalten vergleichbar oder ähnlich zu dem Verhalten ist, wegen dem der Arbeitnehmer zuvor abgemahnt wurde. Liegt dagegen ein völlig anderes Fehlverhalten vor, muss der Arbeitgeber erneut eine Abmahnung aussprechen.
Quelle: Kündigungsschutzgesetz
Tipps:
- Überprüfen Sie eine Abmahnung genau. Enthält sie alle notwendigen Voraussetzungen?
- Nehmen Sie die Abmahnung unbedingt ernst. Bei erneutem ähnlichem Fehlverhalten kann es zur Kündigung kommen!
- Gegen eine unwirksame Abmahnung können sie gegebenenfalls arbeitsgerichtlich vorgehen. Sie können die Entfernung aus der Personalakte verlangen!
Checkliste:
- Grundsätzlich muss vor einer verhaltensbedingten Kündigung immer eine Abmahnung erfolgen.
- Eine Abmahnung muss das Fehlverhalten, den Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Pflicht und die Androhung der Kündigung enthalten.
- Wegen des abgemahnten Fehlverhaltens kann nicht gekündigt werden.
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